Kitzbüheler Anzeiger

Archiv Viewer

Ausgabe im Vollbild öffnen
Zurück zur Übersicht
Als wir unser Christbäumchen holten Kindheitserinnerungen von Barbara Riesenfellner Unser Christbäumchen erhiel­ ten wir jeweils von einem Bau­ ern, für den der Vater die Haus­ krippe reparierte und aufstellte. Mit der Zustimmung des Bauern konnte sich der Vater das Bäumchen in dessen Wald aussu- ehen und umschneiden. Es mag 1936 gewesen sein. Am dritten Adventsonntag durf­ ten wir mit dem Vater ein Christ­ bäumchen und Taxen holen. Es lag viel Schnee. Nach dem Mittagessen brachen wir auf - wir mussten den ganzen Weg zu Fuß machen. Ich trug ein Barchent-Gwandl, denn Hosen gab es für Mädchen damals noch nicht. Die Strümpfe waren selbst gestrickt und über dem Knie mit einem “Strumpf- bandl” befestigt. Wegen des ho­ hen Schnees musste ich die ho­ hen genagelten Schuhe anziehen. Nur wenn es sehr kalt war, waren wir mit den warmen “Doggein” unterwegs, war für uns die Mitnahme des “Becki”. Die Rodel war zum Ab­ fahren auf den Wegen und für den Transport wichtig. Vor Weih­ nachten 1936 durften wir bei ei­ nem Auracher Bauern am Wüdalmgraben unser Bäumchen holen. Bis zu den Knien steckten wir im Schnee, als wir den Berg­ wald hinauf wateten. Bei einer Futterstelle sagte der Vater zu meinem Bruder und zu mir: “Bleibt jetzt hier, ich steige noch etwas höher hinauf Aber seid ganz still, dass ihr das Wild nicht verscheucht, wenn es zur Krippe kommt.” Es fing bald an zu däm­ mern, leise fielen Schneeflocken. Unbeschreiblich schön die Ruhe, die Stille, der tiefe Frieden. Aus dem Gebüsch kam i 11 «■i Wilhelm Angerer (1904 -1982) aus Sckwaz, langjährige’' Inhaber eines Fotcfackgeschäfts in Kitzbühel hat sich durch seine heimat- und volks^^’erbundenen Bilder, die längst Kostbarkeiten sind, einen Namen gemacht Ärgerer absolvierte die Meisierklasse an der Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt in Wien Seine Kunsifotos sind fester Bestandteil der österreichischen Fotogeschichte, zahlreiche Aufnahmen wurden bei einer großen Ausstellung österreichischer Filmkunst im Centre Pompidou in Paris 11986) gezeigt - Das Foto ‘Stille Heimkehr " entstand um 1935. Selbstverständlich “Bauernkeaschn, Moosbeer- kurze hier im Gedenken an die krockn und Grangglbeerzeit” am 4. Dezember 2001 verstorbe- (1998), “Heilig-Nacht-Nudl, ne ‘Jöchl Wetti ” abgedruckt sind. Klctznbrot und Jirggenkoch“ ErinneruKger. an die Schnkzhank heit ist unbezahlbar. Die Erinne- (199S). Am innigsten sind die und über den Antiasstag (Fron- rungen sLid wie ein Schatz, den DarstsUungen zur AHvent- und leichnam) folgen zum jeweiligen man ausgräbt, ’Ä^nn de P^ealität Weihnachtszeit von denen zwei Termin so schv/er viird. Glücklich jeder, der sich gerne an seine Kindheit erinnert. Barbara Riesenfellner, geh Jöchl, stammte aus einer einfa- Da^ Jahr ist nt geworden. Wie chen KitzhühelerArbeiterJämilie. ein akes verhu‘.zeltes Männchen, Sie hat einer Bitte von Krippen- den nnmer zu kalt ist und das vereinsobmami OSR Peter früh ins Bett geht. In diese dum- tatsächlich bald eine Rehfamilie Brandsiätter folgend zuerst Erin- pe stille Zeit fällt das schönste und stapfte zur Futterstelle. Wir nerungen an die Advent- und und v/ärmste Fest, unsere Weih­ waren ganz still und beobachte- Weihnachtszeit in ihrer Kindheit nacht. Oft hört man: “Bin ich ten die Tiere. Aber als der Vater aufgesclmebe”., dann aber auch froh, wenn Weflmacht vorbei ist - zurückkam, witterten sie ihn und andere Ereign.isse aus einer viel Arbeit, Geld, es ist ja nur Ge- waren flugs weg. Voller Freude schweren. Jugend niedergeschrie- schäflemacherei und Geschen- machten wir uns auf den Heim-' ben und blieb trotz häufiger keaustausch.” Ja ist es wirklich weg. Es war schon stockfinster, Krankenhausaufenthaite in den nichtmehr?Wasi5tschiefgel£U- als wir heimkamen. Wie wohl tat letzten Lebensj.ahren bemüht fenJEsfehltdieFreude.AnStel- uns die warme Stube und ein Tel- diese Aufzeichnungen forizuset- Is der vielen Geschenke, die es in 1er heißer Milchsuppe. Es mach* zen, einige sind noch nicht vercf- unserer Zeit gibt, haben wir die te uns nichts aus, dass unsere fentlichtvjorden. Freude eingeteuscht. Man kann Schlafkammer eiskalt war. Am Barbara Riesenfeibisr erzählte sich die Weihnacht so wei: es Fußende des Bettes lag ein heißer in den Kitzbiikeler Heimatblat- noch geht seihst gestalten. Ziegelstein. An dem wärmten wir tem “War das eine Pracht und In der Erinnerung leht Weih- unsere Füße und zufrieden und Herrlichkeit (1995), "Erinnerun- nachten, wie es einmal war. Die sorglos schliefen wir nach dem gen an Anldöpfeln und Stemsin- Menschen waren sich Gel näher Nachtgebet ein. gen ” (1996;, “Erinnerungen an in Freud und Leid. Man konnte Das Erlebnis des Christbaum- das alte Far'oerhaus” (1997), es jedem vom Gesicht ablesem holens ist in der Erinnerung ge­ blieben So etwas Schönes habe ich nie wieder erlebt. Eine arme aber schöne Kind- Unsere Weihnacht Weihnachten ist nah. Der ganze Advent war Vorbereitung. Eifrig wurde an den Krippen gebaut Vater korjite sich einen Christ­ baum holen und stellte als Ge- gerJeisnang eine Hauskrippe auf oder reparierte sie auch noch. Das kennte er so einmalig und machte es mit viel Freude. Wie herrlich v/ar so ein Gang durch der. verschneiten Winterwald. Wir durften uns jeweils eine Tan­ ne holen und Taxen. Manchmal sc^areine Silbertanne. Die Woh­ nung warde geputzt und mit Ta­ xen geschmückt. Wenn dann der schönste Tag und die Heilige Nacht kamen, war die Freude grenzenlos. Unsere Weihnacht überstrahlte die ganze Kindheit - und sie hat bis ins hohe Alter nients an Strahlkraft verloren. Glona!
< Page 26 | Page 28 >
 
Kontakt
Tel.: +43 (0) 5356 6976
Fax: +43 (0) 5356 6976 22
E-Mail: info@kitzanzeiger.at
Virtuelle Tour
Rundblick - Virtual Reality
Werbung
 
Zurück Aktuelle Gemeinde Archiv Suchen