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Seite 18 Kultur-Anzeiger Donnerstag, 3. April 2003 Kitzbühels bekanntester Autor wird 70 Sein Leben v/idmete der Schriftsteller Hugo Bonatti dem “Komponieren mit Wörtern” Festlegen kann sich der ehe malige Religionslehrer selbst in seinem Weltbild nur schwer. “Ich bin meinem Wesen nach eher ein Mystiker und habe mich viel mit Ganzheitsphiloso phie und nicht-christlichen Re ligionen beschäftigt. Mein reli giöses Verständnis gleicht einer Gradwanderung. Tatsächlich er lebe ich jetzt gerade eine Ent wicklung vom Abstrakten hin wieder zu den konkreten Bil dern der christlichen Botschaft. Leicht hat es sich der vielsei tige interessierte und begabte Künstler nie gemacht und sich niemals an aktuellen Trends oder am Publikumsgeschmack orientiert. “Es ist mir klar, dass meine Werke von vielen Men schen nicht verstanden werden. Aber ich bekam auch immer wieder sehr viele positve Reak tionen von jenen Insidern, die meine Texte wirklich gelesen nen”), wo er im bekanntesten Literatencafe Prags 1996 las; von Dr. Jan Bekasinski vom Germanistischen Institut der Nicolaus-Copernicus-Univer- sität in Thom (PL) {“Ihre Le sung bleibt uns in Erinnerung wegen des Inhalts der gehörten Texte, aber auch in hohem Gra de wegen der Art ihres Vor trags”), Lesung 1998; von Lehrstuhlleiter Prof. Dr. Vlado Obad vom Germanistikinstitut Osijek in Kroatien (“Unser Gast hat sich als versteckter Musiker erwiesen, der zwar oh ne Instrumente, aber desto vir tuoser mit Sprache und Wörtern spielt”) für eine Lesung 1999, oder Univ. Doz. Dr. Matjaz Birk von der Universität Marburg ("Die lebhafte Diskussion, die sich anschließend an Ihre Le sung überraschenderweise mit wenig Hemmungen von selbst entwickelte, zeugte davon, dass f m Hugo Bonaiti hat mit seiner Frau Barbara eine ebenso bele sene und iiteraturbegeisterte Gefährtin gefunden. Fotos: Radke KITZBÜHEL. Am 1. AprU feiert der bekannte Lehrer, Musikkenner, Schriftsteller und wortgewaltige Vortra gende Hugo Bonatti sei nen 70. Geburtstag. Zu seinen bekanntesten Wer ken zählen ‘Quodlibet”, “Der Nihilist” und die Trilo gie “St. Helena”, vjo sich so manche Kitzbühel-Be- Züge finden lassen. der Kompositionstechniken, kann man besonders in seinen Sprechoratorien wie “Crucifi- ge”, “Missa Eleison et da Requi em” und “Megapolis” finden. Aber auch die Malerei hat ih re Spuren hinterlassen, “Ich ha be versucht, die Methoden der Expressionisten oder Kubisten in Wörter zu übertragen, zuerst in der Lyrik, später auch bei Prosatexten”, erläutert Bonat- ti.’Tmmer vrieder habe ich auch probiert, mit der Sprache zu ex perimentieren und meine soge nannten Kugelbücher - ausge hend davon, das die Kugel ein perfektes, zeitloses Gebilde ist - sind Ausdruck eines Strebens nach Perfektion.” Der Name Bonatti kominl ur sprünglich aus Südtirol, d'Och ist der in Innsbruck geborene Hugo ein “echter” Tiroler und seit 1956 ein leidenschafthcher Kitzbüheler. “Auch, wenn man mich im Ausland als Scliriftsiel- 1er mehr schätzt als hier, sc ist die Schönheit Kitzbühels doch wie ein Virus und ich w-ürde wahrscheinlich wieder zurü-dr- kriechen, wenn man m_ich vcn hier fort brächte”, erklärte der Jubilar im Inter/iew. Der ehemalige Religionsleh- rer hatte von Jugend an sine .Af finität zu den schönen Künsten, wobei auch die Bildende Kunst und besonders die Musix in sei nem Leben visl Raum einnah- men und Einfluss auf seins Dichtung haften. “Ich komme eigentlich von der Musik her und habe ja auch eine Ausbil dung als Chorleiter und Diri gent. Mein Vokabular kommt von der Musik, ich ertappe mich oft dabei, dass ich versu che, gleichsam mit Wörtern zu komponieren. Die Anwendung Im Wandel derzeit: Von der Schreibmaschine zum Computer. haben und das ist mir wichtig. Internationale Anerken nung der Vorträge Positive Reaktionen und viel fältige Anerkennung erhielt Hu go Bonatti auch immer wieder aus dem Ausland: So etwa von Marta Eggerth Kieppura, der Präsidentin des Austrian Cultureal Institute in New York, wo Bonatti im Jahr 1991 einen Vortrag hielt (“Dan ke für Ihren wunderbaren Vor- trag”); von Dr. Milan Tvrdik von der Germanistikabteilung der Universität in Prag (“Sie ha ben gezeigt, dass wahre Künst ler des Wortes auch außerhalb großer Metropolen leben kön- Ihre Lesung sowohl von deren origineller Vortragsart wie auch von der Thematik Ihrer Litera tur auf einen ungewöhnlich großen Zuspruch bei unseren Studierenden gestoßen ist’), nach einer Lesung 2001. In dieser Tonart könnte es noch lange weitergehen, aber was sich Bonatti von der heimi schen Fachwelt wirklich wün schen würde, wäre ein Verleger für den 2. und 3. Band von “St. Helena”. Doch nimmt er die manchmal fehlende Anerken nung nicht so schwer. “Ich ken ne meine Grenzen und kann auch über mich selber lachen, ja manchmal sogar spötteln”, so Bonatti abschließend. Als Vortragender geschätzt wird Hugo Bonatti auch vom Kitzbüheler Publikum. Susanne Radke
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