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weise eine neue Sauna für St. schon von klein auf klar gcwe- nonen brauchen neben Wasser, Johann, natürlichen Schnee, ei- sen wäre, dass das göttliche vor allem viel Strom: pro Win nen lebendigeren Weihnachts- Weiß eben von der Snow ma- .ersaison ungefähr 180 Millio- markt, keine grau gestrichenen king technologiy aus Östersund, nen Kilowattstunden. Im Ver- Giebel mehr im Ortsbild, keine der segen- und schneebringen- gleich dazu konsumiert ein graue Rauchsäule am Rande den Maschine Lenko 1000 Haushalt 5000 Kwh pro Jahr. Es des Ortes, einen würzigen Käse kommt. Denn auch antike Hel- muss nur (Noch! Vielleicht am Bauernmarkt, den MUKU- den und Gottheiten kamen ja kann man ja bald Kühlschlan- Leuten einen langen Atem bzw. nicht auf natürliche Weise zur gen in die Piste integrieren) kalt angemessen viele Besucher für Welt. Ado- ________ _ und ihre beherzt iimovativen Veran- nis staltungen, den Fortbestand des sprang der Arbeitskreises Literatur in alle Rinde eines Ewigkeit etc., etc. und, dass ich Myrrhen- auch in Zukunft wieder einmal b a u m e s . vorbeikommen kann, hier in St. Johanni” Wärme ab. Sodann ließen wir die eigenen Regeln der Ekstase die Regie übernehmen. Wir gin gen in die Knie, zu Boden, la gen zu Füßen von Freund Len ko, der tat unbeeindruckt seinen Job, wir den unsrigen. Wir wälzten uns den Hang hinunter, bis wir am Schneehaufen anka men. Dort kühlten wir unser glühendes Verlangen kurzfn- stig, gaben uns mit kindlicher Freude Schneeballschlacht hin, um dann, mit vorübergehend klam men Fingern, roten Ohren und nassen Füßen den Heimweg an zupeilen. Sie packte mich ent schlossen an, schleppte mich in ihr Apartment ab, um zu tun, was unvermeidlich schien. Nach einem kurzen, dennoch äußerst reizvollen Vorspiel zeigte sie mir ihre Foto-Samm lung von Schneekanonen in al len Stellungen, zu allen Tages Nacht- und Jahreszeiten. Wir - zwei leidenschaftliche Lenko- Verehrer - hatten uns gefunden, blätterten Stunden in den tele fonbuchdicken Alben und dann schlug ich unsanft auf dem Bo den auf Ich war aus dem Bett gefallen, hatte das Kissen zer rissen, überall flogen Daunenfe- dem herum, ich war - oh Gott! - nackt und - ach wie schade! — alleine. Es war Vollmond - ja, der macht mit mir, was er will - und es war auch mein letzter Tag in St. Johann in Tirol. Frohen Mutes richtete ich mich auf und replizierte im Gei ste: “Es war eine schöne Zeit, ich habe mich wohl gefühlt, wurde überall freundlich aufge- nommen - freilich mit Vorsicht, doch das ist mir nicht fremd - und allzu viele Fragen stellte ich ohnehin nicht, ich konzen trierte mich auf das Beobach ten, Zuhören und Entdecken und das war Arbeit und auf schlussreich genug. Ich habe oft öffentlich gelesen, einige Texte für mein “Buchstab(en)reim- Buch” und eine Kurzgeschichte mit Schauplatz St. Johann (die auch anstatt dieses Essays liier stehen könnte) verfasst. Ziun Nachlesen wird es das “St. Jo- hanner Schlafsackwunder” ab März geben und zwar im Er zählband “Pumpernickel”, der im Verlag Skarabaeus erscheint. Ja, ich bin sehr zufrieden, um nicht zu sagen vorübergehend wunschlos glücklich. - Danke, danke, danke St. Johann!” ent- trocken sem. Der Winter zierte sich herzhaften einer Athene wurde aus Ihr Kopf verharrte in dem Haupt Schräglage, die Mundwinkel al- ihres Vaters lerdings verzogen sich zu einem Zeus gebo- verschmitzten Lächeln, sie gab ren. Budd- mir einen Klaps der sehr nah an ha aus der der Hintemgegend landete, Hüfte sei- blinzelte zwar, doch dann, end lich, gendwann ir- De- im zember, war es zu verneh men, das Summen der Schneeka- ---------- verschwörerisch, ner Mutter. ^ machte kehrt und warf mir im Aphrodite ^ Abgang über ihre Schulter ein entstieg § ehrliches, “ich wünsch* dir d e m^ .«s was,” zu. “Danke”, stammelte Schaum des ' j ich perplex und fragte mich, ob Meeres imd | das vielleicht die SIE von neu- aus dem 1: lieh war. Aber das wäre eine an- Wasser des “ dere Geschichte. nonen. Wie ein Schwarm Foto: Radke fleißiger Bienen, taten die Wundermaschinen ihren Dienst, zeichneten zudem ncch - mit ihrer Beleuchtung - beeindruckende Muster in den nächtlichen Himmel. Die soli de, gerade Eggerwerk-Rauch säule und die enigmatisch am Hang verstreuten Schneekano- nen-Scheinwerferkegcl im gol digen Licht der Dämmerung - ich war verzückt und St. Jo hann, anderntags, verwehungs bedingt, zumindest teilweise angezuckert. ,\m nächsten Tag bzw. der nächsten Nacht, wusste ich, was ich zu tun hatte. Ich verspürte den unbändigenden Drang, da bei zu sein beim Prozess der Verwandlung von Wasser zu Weiß. Gut vermummt machte ich mich denn auf, näherte mich dem Gasthof Schöne Aussicht, genoss diese und trat an einen Kameraden der Lenko-Kompa- nie heran. Das Summen wurde zum Brummen, dann gar zu oh renbetäubendem Lärm. Ich staunte über den bereits be trächtlichen Haufen produzier ten Schnees, verharrte schwei gend einige Minuten, da verspürte ich einen leichten Klaps auf der rechten Arsch backe. Erschrocken drehte ich mich um und erblickte SIE. Wir zögerten nicht lange. Umhal sten uns, schmiegten uns ganz eng aneinander, das gab gehörig Stausees Markus Kohle. wird das weiße Wunder Schnee - Lenko 1000 sei Dank! - Touristisches Okay, ich bin gelernter Tiro- Ich muss es ehrlich eingeste- 1er, bin in einem Dorf aufge- hen, sie hat mich in den Bann wachsen und habe mir meinen gezogen, die automatisch Lebensimterhalt eine Zeit lang schwenkende und rot blinkende durch Fremdenführerei finan- Lenko 1000. Es begann alles ziert. Deimoch habe ich von damit, dass ich bereits am zwei wahrem Tirol-Tourismus wenig ten Tag, bei einem meiner Er- Ahnung. Dem habe ich mich kundungsspaziergänge auf die bisher erfolgreich und vehe- Schneekanonenkomparie am ment verwehrt. Der Talkessel Parkplatz der Harschbichlbahn Nassereith war mir seit jeher zu stieß. Tag für Tag zog es mich eng, der Transitverkehr, der sich förmlich zu meinen Freunden. Bis sie eines Tages in Stellung gebracht wurden. Nun dehnten sich meine Spaziergänge aus, ich hatte ordentlich Höhenme- täglich durch dieses Dorf - in Richtung Tourismuszentren - zieht, ließ mich mitunter daran denken, eine Kehre - die soge nannte Haarnadelkurve - der ter zu machen, um wenigstens Fempass-Bundesstraße zu einigen Lenkos einen Besuch sprengen und nervigen Reise- abstatten zu können. Nichts gruppen, denen ich die wunder- kann St. Johann passieren, so bare Alpenstadt Innsbruck dachte ich mir. Die Kanonen eröffnen und zeigen musste, sind bestens positioniert, an al- hätte ich zuweilen lieber mei- len strategisch wichtigen Stei nen wutentbraimten Hintern ge- len lachte mich eine der blauen zei^. Kurzum, Offenheit ist Wundermaschinen an. Ich war meine Stärke aber Servilität stolz und sprach siegessicher: meine Sache nicht. Vielleicht “Da müsste der Feind Natur aber wäre alles ganz anders ge- schon mit einer besonderen kommen, wenn ich als Kind Warmwetter-Front amücken, nicht zwei Mal angefahren wor- um uns etwas anhaben zu kün den wäre und werm es auch in nen!” Nassereith 50 Schneekanonen In Tirol köimen 47 Prozent gegeben hätte (ich glaube wir (in der Schweiz lediglich 15%) bringen es nicht einmal auf 50 der 7200 Hektar Skipisten Schlepplift-Bügel)! Gut mög- künstlich beschneit werden — lieh, dass ich mich gänzlich an ders entwickelt hätte, dass mir falls das Thermometer unter minus 4 Grad fällt. Schneeka- © by Arbeitskreis Literatur, Joachim Burger.
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