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Schloss Münichau nach einer Litho- graphie von Alois Schilling, Kitz- bühel (um 1835). Schloss Müniciau bei Kitzbühel während seiner Demolierung, September 1914. Originalradierung von Prof. Georg Brandlmayr (Wien). * Nach Brand wurde die Schlossruine Muoonichau als Steinbruch genützt Vor 90 Jahren wurde das dem Verfall preisgegebene Schloss demoliert Von Hans Wirtenberger Der Verfall des Renaissance- Edelsitzes der Herren von Mii- nichau, der lange den Fürsten bzw. Grafen Lamberg gehörte, dauerte über das 19. Jahrhun- dert, das Ende des historischen Baues brachte das Jahr 1914. Als Fürst Gustav Joachim Lamberg das Erbe seines Vaters Fürst Karl Eugen antrat, ver- mochte er das "nur aus Achtung für das Andenken seines Vaters und mit Rücksicht auf das An- sehen der Familie". In dieser Zeit muss vorübergehend das Schindeldach des Schlosses sehr schadhaft gewesen sein, so dass die Tramdecke der oberen Stockwerke einstürzte. Die In- nenteile des Gebäudes wurden nie mehr erneuert. 1835 wurde festgehalten, dass das Gebäude durch Verfall sehr gelitten habe, nur die Schlosskapelle war noch gut erhalten. Die 1506 ge- stiftete Wochenmesse konnte aber nicht mehr gehalten wer - den, weil in der Kapelle keine Fenster waren, und auf die Vi- karskirche Reith ausgewichen wurde. Der Nachfolger von Fürst Gustav Joachim Lamberg, Graf Karl, bewahrte Dach und Ge- bäude sorgfältig in einem aller- dings schlechten Zustand. Es fehlten Einrichtungen in den Räumen und Fenster. Bewohn- bar war das Schloss nicht mehr, die Güter Seebach, Veiten, Pa- haus und Michaela waren ab 1850 verpachtet. Nach dem Tod von Graf Hugo von Lamberg wurde das Erbe ge- teilt, der Sohn Graf Max Lam- berg erhielt Münichau und die Kapsburg (1913). Uber den Zustand von Mü- nichau schrieb Ku- stos Kaspar Schwarz im Jahr 1907: "Die Decke zwi- schen dem zweiten und dritten Stockwerke ist zum Teil durch- gebrochen, alle Fenster fehlen, ja man scheint iberhaiipt alles, was noch zu verwerten war, aus dein Schloss entfernt zu haben. Die wenigen noch vor dem Ein- sturz sicheren Räume des Erd- geschosses und des ersten Stockwerks benitzt der Pächter des gegenüberliegenden Wirts- hauses als Stallungen und Vor- ratsräume ... Enttäuscht und trauernd über den trostlosen Zustand des geradezu sichtbir abbröckelnden Schlosses ver- ließ ich dassell e." Am 15. Juli 1914 zog ein Nachtgewitter vom Kaiserge- birge gegen Kitzbühel. Ein Blitzschlag traf das Wrtshaus, das bis auf die Grundmauern abbrannte. Das Feuer griff so rasch um sich, dass die Hausbewohner von ihrer Habe fast nichts retten konnten und einige Tiere im Stall dem Brand zum Opfer fielen. Das FLigfeuer ergriff dann auch das Schindel- dach des linken runden Eckturms des Schlosses und das Dach des Haupt- gebäudes, welches gänz- lich abbrannte. Den her- beigeeilten Feuerwehre gelang die Lokalisierung des Brar_des, sodass die Dächer der anderen Eck- türme sowie die Wirt- sciaftsgebäude erhalten blie- ben. Wenige Wochen später er- folgte ein Aufschrei in der Wie- ner und Tiroler Presse. Der Be- sitzer stand als Reservist im Felde - am 28. Juli hatte der Er- ste Weikrieg begonnen - und las war verheerend für das Schloss. Statt den relativ gerin- gen Schaden zu beheben, de- molierten im Auftrag "kunstun- verständiger Leu:e" Arbeits- lcrÄfte .len floch bestehenden Bau und nttzten ihn regelrecht ils Stembruch für den Wieder- aufbau des 1 enachbarten Gast- aauses. "Schon ist einer der vom Brande verschonten Spitz- rme der Hacke zi4m Opfer ge- fallen und die gewonnenen Bausteine dienen dem Bau des Wirtshauses. In die HauptJassa- dc wurde zum gleichen Zwecke ein Loch gerissen, in so roher Weise, dass selbst die Arbeiter darüber ihre Empörung nicht za'.'-ück hieltea Dem sollte doch E.nhalt geschehen, damit nicht neben den Kulturwerten, die der Kreg unvermeidlich zer- 3tirt, um weniger Gulden willen lurstorische Kidtstäten als Bau- material verwendet werden empörte sich am 13. September 1914 ein Wiener Universitäts- piofessor in .1er "Neuen Freien ?resse". Dieser Apiell verhallte ungehört, die k. k. Zentralkom- mission für Denkmalpflege in Wen hatte Iceine exekutive Ge- walt und der Wiederaufbau des Wirtshause erfclgte so rasch, dass das Mauerwerk des Schlosses schon im September gewaltsam zur völligen Ruine gemacht war. Zum Gedenken an das historische Schloss schrieb Hofrat Dr. Josef Maria Eder, Direlcor der k. k. graphi- schen Lehr- und Versuchsan- stalt in Wien unI Besitzer der Villa Anna unweit des Seehofs in KitzbiLhel im 2olgenden Jahr ein mit Bilcern und Textfiguren reich versehenes Buch. Die Ruine wsrde 1921 von Oskar Lobmayr Non Hohenleiten er- worben md auigebaut, seine zahlreichen Erben verkaufter. 1957 an die Hoteliersfamilie Harisch. Die meisten Mauern mussten bei der Gestaltung ei- nes Schlosshotels neu aufge- führt werden, die nutzbare alte Bausubstanz wurde gesichert und der Dedeutende Profanbau sinnvoll rev:talisiert. Litera ur: Schoss Münichaz1 bei Kitz.!,üfr.el, Tirol. Seine Ge- schichte urd sein Verfall. Vor. Dr J U. Eder, Hen 1915. Dr Klau' Kogler, die Kitz- büheler Edelsitze (in Stadtbuch Kitzbühei 3. Band,), Kitzbühei 1970. Dr Sebastian Hölzl, Reith be Kitzbü hei rtschronik), Inns- bruck 1988. Gerhard Stenzel, Von Schloss zu Schloss n Osterreich, Wkn 1976.
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