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Jahrrnarltstmnung im Jahr 1935 Aufnahme von Karl Sykora, Kitzbühel "Die Musiker in der schönen L destracht werden von einem ernster ten Herrn angeführt ". KapeilmeL Anton Rothbacher (1867 - 1939) von 1890 bis 1936 der musikalir Leiter der Stadtmusik. Foto: Archiv der Stadtmusik (Auf!! mc Wilhelm Angerer) hergeben muss, unweigerlich in das bereits vorbereitete Stroh fallen. Eine Wurst hängt als Ziel auf einem Galgen. Wer nicht heruntergefallen ist und endlich den Lohn ifir diese schwere Ar- beit verdienen will, muss den Mund nun so stellen; dass er, aufgerissen, es trifft, die Wurst ohne Hände hineinzubekom- men. Da weiß es der schlaue Wurstbaumbesitzer wieder so einzurichten, dass dem Hungri- gen die Wurst buchstäblich vor der Nase fortgezogen wird. Nebenan geht es ernster zu. Da hat ein Schmied mit seinen zwei Gesellen eine Esse aufge- stellt und da wird geglüht und gehämmert. Sehnsüchtige Mädchen lassen sich Hufeisen schmieden, große und kleine und sie erwarten von diesen derben, abgearbeiteten Händen ihr persönliches Glück. Im Ab- glanz des Feuers sah ich die jungen blauen Augen der Mädchen im inbrünstigen Aber- glauben glänzen und als sie das große Hufeisen in Empfang nahmen, geschah es mit einer so vorsichtigen Gebärde, als woll- ten sie etwas sehr Erwartetes nie mehr aus der Hand geben. Dabei bemerkten sie die spötti- schen Blicke der sie manchmal beobachtenden Burschen nicht, von denen gerade sie zu den Hufeisen geflüchtet waren. Da bewarfen sie diese schon mit dem unvermeidlichen Corian- doli, das so schwer aus der so sorgfältig gemachten Frisur herauszubringen ist, wenn man, wie die hiesigen Lmdmädchen, nicht unbed:ngt je.e Nacht die Zöpfe aufmacht. Große, lebku- chene Herzen am den Hals gehängt, ziehen andere Grup- pen vo:i einheimischen und fremden Dimdin varbei und die alte Tiroler Blasmusik, deren Musiker in der schönen Lan- destracht spielen, werden von einem ernsten alten Herrn ange- rührt. Plötzlich erönt lautes Kuh- schellengedröhne: alles strömt zusammen und schon kcmmen die 1-lerolde iie berg:ge Stra]e herunter- geritten und künden mit F.mfaren dei kommenden Zug an. Der Hochze:ts- zug ist es und wir sehen die schönen, alten Kostü- me an den vorbeiziehen- den ?aaren, Männern und Frauen und dann fahren im blumeneschmückten Plagen das angebliche Eochzeitspaar, aber es sind cie d:cksten und äl- testen Ki:zbüheler uud hbter ihnen zum Geläch- ter des Publikums :er Wagen mi: dem Haus:st, wovon besonders die blaue Wiege hoch oben schwankt. Hinterher e- an- hen, von jodelnden Bur- • al- sehen begleitet, die fest- ter lich mit Blumen ar geschmückten, läutenden ehe Khihe, die ab und zu zum Schrecken des Publikums ah ihre Andenken auf cer Straße zurücklassen. Der begeisterte Trachtler akad. Maler Maximilian Erler war wiederholt an der Gestaltung historischer und volkstümlicher Umzüge beim Jahrmarkt bete ligt. Aufnahme aus den Vierziger Jaiiren, Archiv Michael Erler. Die Engländer staunen das Seltsame dieser Sitten und Trachten fast mit Ehrfurcht an. Ihnen ist Osterreich eine heitere Bühne. Sie sind sehr glücklich hier und tragen Stutzen und Ti- roler Hütchen wie die Englän- dc: in den Puppenspielen von Pocci. Immer dichter wird das Ge- dränge; die Buden, die Eis- bowle feilbieten und die Meint- bude mit dem Kaffeeausscharik sind umlagert. Die fröhliche Stimmung steigert sich immer mehr, die Jodler mehren sich in der kühlen Nacht. Aber wir müssen unseren Chauffeur suchen, der sich si- cher in einer stillen Ecke ver - gnügt und mit nicht ganz ruhi- gen GeffihEen besteigen wir da; überffillte Auto, das uns durch die sternstarke, aber mondarme Nacht w:eder in großer Eile nach Aurach zurückbringt. Als es einmal plötzlich stehen bleibt, glauben wir schon er- schrocken an die gerrige Nüch- ternheit des Lenkers, aber er straft uns Lügen. Gerührt erfah- ren wir, dass er nur einen Hasen nicht überfahren wollte, der vielleicht auch vom Kirtag kommend, sich knapp vor unse- rem Motcr im Scheinwerfer- licht ausruhen wollte. Käthe Braun-Prager (1888 - ]67) war Schrflstellerin, Ma- isrin und Lehrerin. Sie war die Schwester des Dichters Felix Braun und Gattin des Philoso- phen Har.r Prager. Sie begrün- dete wenige J2hre nach der Ein- fhrung des Radios die "literarische Frauenstunde" ia Radio Wien (1928). Von 1939 bs 1951 ieb.e sie in England im Exil. Der wichtigste literarische Beitrag 115er den Jah:inarkt der Zwischenlcriegszeit entstand im Jahr 1935. Käthe Braun-Prager war Sommerfrischlerin in Au- roch. Wahrscheinlich war sie dcmals Gast von Hedwig Per- zold, der Witwe des DichtersAi - fons Petzold (1882 - 1923), die während mehrerer Sommer mit ihren Kindern auf Sommerfri- ache im Brachof war und ihr Haus in Kitzbühel an reiche Ur- lauber vermietet hatte.
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