Kitzbüheler Anzeiger

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Tiroler Knödel in Alabama (USA) ben, dass es in der religiösen Bildung nicht so sehr auf die Wissensvermittlung, sondern vor allem auf die Herzenswär­ me ankommt. Das war bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts noch nicht die vorherrschende Mei­ nung. Wie ging er selbst mit den Gefühlen um? Jeder, der den Je­ suitenorden kennt, wird bestäti­ gen, dass man dort den Verstand eher pflegt als Gefühlswerte. Ganz unvermittelt schreibt er im oben genannten Lebenslauf im Abschnitt über seine Doktor­ arbeit (über den Katechismus in Österreich): Sofort, als er den calvinischen Heidelberger Ka­ techismus aus dem lö.Jahrhim- dert in die Hand bekam, “...las (ich) das kurze Vorwort. Es er­ läuterte Gottes Heilsplan so wunderschön, dass ich die Trä­ nen nicht zurückhalten konnte. Ich schämte mich dieser Tränen nicht... Viele Jahre mussten vorübergehen, bis mir die volle ökumenische Bedeutung dieser meiner Begegnung... bewusst wurde.” Er musste wohl auch alt und abgeklärt werden, um über­ haupt Tränen der Rühnmg .zu­ zugestehen. Als er jung war, weinte ein Bub eigentlich nicht. Auch seine Verwandten haben erlebt, dass er, der so früh die überragende Rolle der Gefühle in der religiösen Bildung betont hatte, im Alter davon mehr zeig­ te als damals, als er als “kate- chetischer Sputnik” die Erde 17 Mal umkreiste. Da war für Ge­ fühle weniger Zeit als später, wenn er in New Orleans den Kindern von Marlene Mayr eine Gute-Nacht-Geschichte vorlas. Oder wenn er in seinem Gebets­ kreis Gott lobte. Dort war er öf­ ter als bei seinen Mitbrüdem. Zusammenfassend: Ein Mann von großer Intelligenz; ein bis­ serl rechthaberisch, wie das ei­ nige Hofinger sein sollen; le­ benslang lemwillig und lernfähig - mit über 60 lernte er Spanisch, weil er sich so ärger­ te, dass er in Südamerika über­ setzt werden musste; ausgestat­ tet mit einem sehr robusten, anspruchslosen Körper - die letzten 14 Jahre vor seinem Tod war er nie bei einem Arzt; ein Mann mit Gefühlen, die er aber mit seinem Verstand zu beherr­ schen versuchte; ein frommer Mann - aber er hätte nicht ge­ wollt, dass man darüber mehr sagt. Ein Jesuit, der den Wahl­ spruch seines Ordens begeistert und begeisternd lebte: Alles zur höheren Ehre Gottes! Von Marlene Mayr-Lee, Birmingham, AL USA T' T' t ^ Assisi/' Im Jahre 1976 habe ich James Michael Lee, einen ebenso be­ kannten Religionspädagogen wie Johannes Hofinger SJ es war, geheiratet. Mein Mann un­ terrichtete damals an der berühmten katholischen UNI- VERSITY OF NOTRE DAME in South Bend, Indiana, wo vie­ le Studenten unter seiner Lei­ tung für ein Doktorat eine Dis­ sertation in Religionspädagogik schrieben. Ebenfalls zur selben Zeit gründete James Michael Lee in Zusammenarbeit mit mir einen Verlag, RELIGIOUS EDUCA- TION PRESS, INC. Es wurden unter seiner Leitung und meiner Führung Bücher in den Religi­ onswissenschaften verlegt. Durch die Arbeit meines Mannes wurde ich auch mit der Arbeit von Johannes Hofinger SJ vertraut. Ich erinnerte mich an die Erzählung meiner Mut­ ter, dass meine Großmutter Ma­ ria Reiter, vor ihrer Ehe mit meinem Großvater Johann Baehler zu Raidler in Winkl, St. Johann, im Hause Hofinger als Kindermädchen tätig war, als Johannes ein Baby war. I .4 m % .■v* m J: ^ _______ P. Hofinger taufte zwei Kinder der Familie Marlene Mayr-Lee (aus St. Johann) und James Michael Lee in Birmingham (USA). Taufpa­ te war Walter Mayr, wohnhaft in Innsbruck. 1 sind. Nachdem mein Mann den Verlag als eine Mission betrach­ tete und wir keinen Dollar da­ mit verdienten, obwohl wir bei­ de vollkommen in dieser Aufgabe eingesetzt waren, frag­ te ich Pater Hofinger ob das wohl die richtige Einstellung sei. Pater Hofinger wies darauf hin, dass jeder Betrieb ein Ge­ schäft sein sollte und niemand umsonst zu arbeiten hätte. Für mich war diese Aussage eine große Unterstützung, da ich im Gegensatz zu meinem Mann auch diese Einstellung hatte. Also war Pater Hofinger wohl auch ein guter Gesehäftsmann. Als er wieder einmal ein Wo­ chenende bei uns verbrachte, wünschte er sich Tiroler Knö­ del. Ich tat mein Bestes, aber ich kann mich erinnern, meine Knödel waren sehr weich, wahrscheinlich hatte ieh nicht das richtige Brot dafür. Pater Hofinger war aber trotzdem mit meinen Knödeln zufrieden. Johannes Hofinger SJ war auch sehr bescheiden. Er er­ zählte mir, dass er in der ganzen Welt herumgereist sein, aber nie im Hl. Land war. Und dort wür­ de er auch nicht hinreisen. Auf meine Frage warum denn nicht, heiratet bin. Pater Hofingers antwortete er mir “aus Gründen Frage war dann: “Ist es DER der Demut kann ich nicht wan- James Michael Lee?”. Auf die- dein wo Jesus ging”. Seine Be- se Weise wurden wir gut be- scheidenheit kam auch zum kannt mit Pater Hofinger. Er Ausdruek als ich ihn fragte ob war Taulpriester unserer zwei er einmal in St. Johann begra- ersten Söhne, und er kam ein ben sein wolle. Er sagte, das paar Mal auf ein verlängertes wäre Unsinn, er wird begraben Wochenende .zu uns nach Bir- wo er stirbt und wo das sein mingham, zum Gedankenaus- wird ist ganz gleich. Und auf tausch mit meinem Mann. mein Angebot, für seinen 80. Ich hatte ein paar Unterhai- Geburtstag eine Feier in St. Jo­ tungen mit Pater Hofinger, die haim zu gestalten, war er, wenn mir noch sehr gut in Erinnerung auch nicht abgeneigt, so auch nicht weiß wie dafür. In dieser Sache ging ich 1983 zum Bür­ germeister in St. Johann und legte ihm mein Vorhaben vor. Dipl. Ing. Ludwig Parti kannte den Pater Hofinger nicht, war aber offen für eine solche Feier. Leider starb Pater Hofinger in dem Jahr, das meine Familie und ich in Rom verbrachten. Wir erfuhren von seinem Tod erst ein halbes Jahr später. So mussten wir für unseren dritten Sohn 1984 einen anderen Tauf­ priester suchen. Anregung für Biographie Zu seiner Biographie: ich hat­ te Pater Hofinger gebeten, ei­ nen Artikel über sein Leben zu schreiben. Er war nicht sehr be­ geistert davon; ich zitiere: “Der Grund, warum mir der Beitrag schwerfällt, ist nicht nur ein ge­ sunder Widerwille von mir sel­ ber zu reden, sondern auch Mangel an Erzählertalent. Ich habe mich noch niemals als Er­ zähler versucht. Ich bin ein ge­ borener Schulmeister und Schulfuchs, in jüngeren Jahren war ich sogar ein Bücherwurm. Doch habe ich dieses Laster längst abgelegt. Und es wäre ei­ ne Lüge, nur meinen schlechten Augen dafür die Schuld zu ge­ ben ”. Durch die Tauffeste in per­ sönlicher Sache und den Ge­ dankenaustausch auf geistiger Ebene wurde Pater Hofinger ein guter Freund der Familie. Ich schätze mich glücklich, so viele schöne Stunden mit ihm verbracht zu haben. Er war ein Priester mit Leib und Seele und er hat seine Mission erfüllt. Verbundenheit unter St. Johannern 1980 wurde ich schwanger und dachte mir, es wäre sehr nett, wenn Pater Hofinger der Taufpriester für unser erstes Kind sein könnte. Wir wohnten damals schon in Birmingham, Alabama. Ich wusste, dass Pater Hofinger in New Orleans wohnte, “nur” sechs Stunden Autofahrt entfernt. Ich rief ihn an und stellte mich als St. Jo- hannerin und Enkelin seines ehemaligen Kindermädehens vor. Ich erzählte ihm auch, dass ich mit James Michael Lee ver-
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