Kitzbüheler Anzeiger

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Lokal / 37 21. April 05 meinem Kriegstagebuch! konnten es nicht fassen, dass 22 Mann von 6.00 Uhr früh bis 14.00 Uhr nachmittags, rung der Verwundeten wieder ausgerüstet mit nur einer Minika- zurück. Kurz vor dem Nie- none, ein paar Panzerfäusten und mandsland trafen wir auf meinen Karabinern KA 98 eine fünfmal Kameraden Luis aus Wien. leh so starke Einheit aufhalten konn- bat den Captain, ihn mitfahren zu ten, wobei wir nur drei Verwun- lassen und ihm so den Feuervor- dete und einen Toten beklagten, hang zu ersparen. Auch dazu war Luis und ich wurden sogleich der Captain bereit. Vielleicht ret- wieder vernommen: “In ihrem teten wir ihm so das Leben. Mei- Soldbuch steht T.W. Obergefrei- nem Freund Willi Rüger erging ter. Sie tragen aber eine es anders. Er fiel bei diesem letz- Offiziersunterwäsche und eine ten Gefecht. Bevor wir zur ame- Fliegerpelzhose. Nach dem rikanischen Front zurückkamen, Soldbuch gehören Sie einem lasen wir noch einen schwerver- Panzergrenadierregiment an. wundeten Ami auf und leisteten Diese Bekleidung hat aber nur ihm Erstversorgung. Der Kom- fliegendes Personal. Was haben mandant der Amis residierte Sie zu verbergen?” mittlerweile in einem Bauernhof Er händigte mir mein Soldbuch wieder aus und stellte mir frei, zu meiner Einheit zurückzugehen oder als Gefangener zu bleiben. Ich entschied mich für Letzteres. Nach dreimal Feuerlinie hin und zurück hatte ich genug. Ich bedankte mich beim Komman­ danten und ging also in Gefan­ genschaft. Der Krieg war somit für mich vorbei, zumindest das Schlimmste, dachte ich! Die Gefangenschaft begann damit, dass ich ein Breakfast- Pa­ ket in die Hand gedrückt bekam - für die Hilfe am amerikanischen Verwundeten, - das mir dann Toni Werner erinnert sich an gleich wieder auf dem Weg zum den 21. April vor 60 Jahren. Gefangenensammelplatz abge­ nommen wurde, nebst meiner Es wurde uns nun zum Ver- Armbanduhr. Erste Hilfe für schwer­ verwundeten Ami solle gehen. Die würden uns oh- schirr gab es keines. Die Ration nehin nicht auseinanderkennen, wurde uns in die bloße Hand ge- außerdem war ich kein Leut- geben, bis wir nach Wochen eine nant. Luis ging gemächlich die Blechdose zugeteilt erhielten. Stiege hinauf flog aber gleich Von der Welt außerhalb des Sta- wieder herunter. Inzwischen cheldrahtes bekamen wir nichts war ich eingehöselt und ging al- mit. Auch das drückte sehr auf so zum Verhör. Die Aktion versuchte ich da- ging im Lager die Nachricht um, mit zu rechtfertigen, dass ich dass eine neue Regierung durch schlecht hörte und außerdem Von Papen und Bruenning be- Kopfschmerzen hatte, auch stellt worden sei. Nicht lang und wollte ich klarmachen, dass ich es brach im Lager die Ruhr aus. nicht mehr als ein Obergefreiter Die hygienischen Verhältnisse war. Der uns verhörende Offi- waren unvorstellbar. Man muss unser Gemüt. Nur gerüchteweise zier war niemand geringerer als sich vorstellen: 170.000 Gefan- der nachmalige amerikanische gene zusammengepfercht, keine Außenminister Kissinger. Medikamente, keine ärztliche Nach zwei Tagen kamen wir Versorgung, kein Lazarett, keine zu den anderen gefangenen Ka- sanitären Einrichtungen, ein meraden. Sie hielten uns vor, paar tiefe Gruben für die Not- was wir für Sprüchemacher sei- dürft, en, dass wir uns als Leutnants ausgeben würden. Wir wurden allesamt auf offe- keine Veranlassung, etwas zu un- nen Sattelschleppern ins Sport- temehmen, weil die Ausfalls­ stadion Herford transportiert. quote weniger als 1 Promille Htmdert Mann auf die Lade- war. Eine unmenschliche Rech- Täglich gab es 100 bis 130 To­ te. Der Lagerkommandant sah m fläche gepfercht. Bei der Verla- nung. dimg nahmen uns die Amis al- Dann, am 8. Mai 1945 die be- les ab, was wir nicht direkt auf dingungslose Kapitulation. Wir dem Leib trugen - Mantel, sollten weiter nach Westen ver- Rucksack, Decke, Zeltplane, legt werden. Im Viehwaggon 1. Brotbeutel, Kochgeschirr, Mes- Klasse (82 Personen, für die ser und Gabel, Feldflasche. Notdurft war eine leere 10,5 cm Es wurde uns gesagt, wir Kartusche vorhanden) ging es würden im Lager alles neu er- wieder auf Fahrt. Das halbe halten. Im Lager kamen wir Dach des Waggons fehlte, weil aber erst nach drei Wochen an. es abgebrannt war. Gegen Von diesen 21 Tagen hat es 17 Fluchtversuche war es mit Sta­ geregnet oder geschneit! Nach Herford ging der Trans- Deutschland wurde uns ab und port weiter in einem Viehwag- zu Brot hereingeworfen, in Bel- gon. In Bielefeld schlug mir ein gien flogen Steine. Von Rhein- Ami, ohne jede Veranlassung, berge über Namuer - St. Quentin einfach aus Lust und Laune, ins nach Attichy, das liegt zwischen Gesicht. Dann im Lager Compiegne und Soisson (Haut Rheinberge unter freiem Fontain) fuhren wir zwei Tage Himmel, kein Zelt, keine Kopf- auf einer Strecke, für die man bedeckung, nichts! sonst einen 1/2 Tag benötigt. In Attichy wurde am 12. Mai ausgeladen - wortwörtlich. Mit einem LKW wurden nicht Geh- fahige zum Lager transportiert Unser > Massenlager war auf und dort einfach abgekippt. Im freiem Feld. Es war auch für die Lager schliefen wir zum ersten Jahreszeit sehr kalt. Wir froren Mal seit 21. April in einem Zelt, erbärmlich. Ernährt wurden wir wenn auch auf nacktem Boden mit Essen aus Dosen. Es war und zu viert mit einer Decke, zwar schmackhaft, uns wäre Am 24. Nov. 1945 war dieses aber lieber gewesen, es hätte Martyrium für mich überstan- auch ausgereicht. Wir litten den. Mit 49 kg Körpergewicht Hunger. Von 9 bis 18.30 Uhr und an der Ruhr erkrankt, wurde standen wir mit Löffeln in der ich aus der Kriegsgefangen- Hand um Verpflegung an. Ge- Schaft entlassen. cheldraht verschlossen. In hängnis, dass wir uns die Be- Dann hatte ich gleich das erste kleidung unrechtmäßig aus ei- Verhör. 8 oder 10 Amis standen nem Bekleidungslager bei im Kreis um mich herum und Gorleben beschafft haben. Der hatten die MP auf mich gerichtet. Vemehmeroffizier wollte und wollte uns nicht glauben. Zwei Frage: "Wie viele Soldaten wart Tage lang wurden wir getrennt ihr?" von den übrigen Gefangenen befördert. Dann wurden wir in Antwort: "22.” "Was, nur 220?” "Nein, 22.” "Warum habt ihr so blöd geschossen?” "Ja, so ist es halt im Krieg.” einem Privathaus in den Keller gesperrt. Wir litten Hunger und Durst. Im Keller fanden sich Einmachgläser mit Zwetschken. Über die machten wir uns her. Die Wirkung brauch ich sicher Das hat genügt, ich wurde nie- nicht zu schildern. Ich konnte dergeboxt. Als ich am Boden lag, mir über der Kohlenkiste gerade erhielt ich noch Fußtritte, bis ich noch die Hose herunterziehen, die Besinnung verlor. Als ich er­ wachte, fand ich mich im Kreis die Kellerlucke und eine Stim­ meiner Kameraden, die mittler- me rief: “Leutnant Werner zum weile auch alle in die Gefangen- Verhör!” In meinem momenta- schaft geraten waren,wieder. Den nen Zustand wollte ich nicht er- Amis waren wir unheimlich. Sie scheinen und sagte zu Luis, er Es war kalt und es gab kaum zu Essen! In dem Moment öffnete sich
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