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^ SWjfiü^elcr J^cilttOtfilöttcr Heimatblätter Nr. 1/2006 die Geleise mit Personen- und Güterwagen belegt, die mit Pritschen ausgestattet und voll besetzt waren. Die Soldaten la gen in den Waggons und nie mand betreute sie. Im Auftrag meiner Mutter musste ich mit dem Leiterwagen zwei große. Kübel mit Tee zum Bahnhof fa hren, um Verwundeten minde stens ein Getränk zu bringen. Es gab Frauen aus Kitzbühel, die zu helfen versuchten. Im Dachboden suchten wir nach alten Tüchern, welche zerrissen wurden um als Verbandzeug verwendet zu werden. Aber man hatte selbst nicht Übriges abzugeben. Die sanitären Verhältnisse in den Zügen waren unbe schreiblich. Viele Männer wa ren voll Eiter und Blut, man muss wohl annehmen, dass ihnen die Gliedmaßen buch- stäbhch abfaulten. Wer in einem Personen waggon lag und das WC auf suchen koimte, musste dieses benützen. Den unbeschreib- baren Schmutz um diese nicht betreuten Anlagen, die Haufen von Exkrementen - ich schätze einen Umfang von drei bis vier Metern -und den Gestank so wie die im Frühjahr aufkom mende Fliegenplage kann man nicht vergessen. Diese Erlebnisse etwa Anfang April 1945 sind auch Teil meiner schlimmsten Erinnerungen an die Jugendzeit. Ich stand damals im 13. Lebensjahr. Am 6. oder 7. Mai musste ich noch drei Kühe von Wes-ten- dorf holen. Bei Brixen hörte man laufend Schüsse fallen. Ich konnte nicht unterschei den, ob es Artillerie oder Pan zer betraf. Die Schüsse waren immer deutlicher zu hören. Bei den Häusern waren weiße Fahnen ausgehängt. Später er fuhr man, dass in Itter und im Hopfgartner Wald gekämpft worden war. irni» Kaugummi Ich war froh, als ich Kitzbü hel erreichte. Vor dem Inns brucker Tor waren mehrere Leute versammelt. Es waren Widerstandskämpfer. Ein führender Nationalsozialist hielt einem die Pistole an die Schläfe. Ich bekam die Panik und lief ohne Rücksicht auf meine Aufgabe nach Hause. Später suchten wir die Kühe. die das Haus räumen musste, weil es beschlagnahmt wurde. Die ganze Stadt lachte darü ber. Wir Kinder bestaunten die Jeeps und bettelten um Kaugummi. Das Zeichen der Regenbogendivision wurde über dem Tor an unser Haus gemalt. Es gab keine Schlach tungen und kein Fleisch mehr. Die Firma bekam von den Amerikanern Corned Beef in Dosen zugeteilt, die von der Lebensmittelfirma Fuchs in JQrchbichl ausgeliefert wur den. 90 Prozent der Dosen wa ren verdorben. Alles stammte aus US-Milifärbeständen, war aber schon lange abgelaufen. Beim Öffnen hat es gepfif fen, als ob man in einen Au toreifen gestochen hätte. Ein Dienstmann und eine zweite Person in Kitzbühel starben nach dem Genuss. Volle zwei Monate gab es nicht anderes zu essen. In der Schule vnirde auf Veranlassung der Besat zungsmächte eine Gesund heitsuntersuchung durchge führt. In unserer Klasse gab es nur drei Kinder, welche „drittklassig“ (höchste Stufe) unterernährt waren. Über raschender Weise war ich als Metzgersohn eines davon. Be stimmt bin ich durch den' Ar beitseinsatz im Wachstum zu rück geblieben, ich war auch Drittkleinster in der Klasse. Nun bekam'ich von den Ame rikanern Linsen, Kakao'und Schokolade zugeteilt. au§ iietit 8c||toieinefuttet*MieI Ich musste jeden Tag Schwei nefutter sammeln gehen, un ter anderem auch im Ho tel Weißes Rössl, welches die Amerikaner besetzt hat ten. Ich sah in meinem Leben das erste Mal amerikanisches Weißbrot. Es war schneeweiß gebleicht. Ich hielt Ausschau wie ein Luchs, um ein Stück zu ergattern oder hoffte, dass es im Schweinefutterkübel ganz oben gelegen war und daher trocken blieb. Nach zwei Monaten konnte wieder geschlachtet werden und so begann mein Weg nach Jochberg wieder von vorne, nur dass ein Autobus Klaus Fuchs musste schon a's Zehnjähriger im elter- iJcJ~,en Betrieb mitarbeiten. Sein Bericht zeigt ein Kinderschick sal von besonderer Härte auf. Foto: Mamnger, Kitzbühel. Idi weiß noch, dass wir eine .m Stadtpark und eine zweite heim Spital gefunden haben. Am 8. Mai kamen dann die Amerikaner und wir sahen erstmals Schwarze. Sie wur den vom Sta.-idortältesten empfangen. Eine Frau, die die Amis mit Schnaps und Ku chen empfing, war die Erste, !Det SKangel an 2Ir6eitöttäften 3tolngt baju, iRriegggtfangcne unb JJtembcibeiter jum SIibelKefafa^ jujiefien. 6ie »erben gereift b^anbeft, nat^ beftlmmten On^en besauft unb on^reiiä&enb betpffegt. 3» SSetfe&t mit .Kriegsgefangenen ift 3a bea(Jten: fi«f| natft ben reft^Sgefe^licften S3eftlmmungen: . 1. ®cr Kriegsgefangene Ä^enSmittel, Slaut^toaren 3ufteiit, öerfauftobetiraTaufi$»egeberfcbciff:; er f^abfgt 2. 9Bet Kriegsgefangenen siOaffen, gibittteiber, fianbtarfen, Kompaffc uf». g £t unb bamit fobrlofflg ^lutfd- mögtic^teiten berf^offt! 3. SDer bcn Kriegsgefangenen SBertgegenftSnbe antauft ober alS ©efc^enf anr.immt; unter biefcs SBcrbpt fallen QU(^ fogenannte €rinnerungSftü(fe, fiii^tbifber uf». 4. äOet mit Kriegsgefangenen in freunbfebafttid^en SOerteJit tritt unb mehr irtt ibnen fptii^t, als 3U SlrbeitS- 3tDeifen unbeblngt nbtlg ift. önSbefonbete finb in SlntDcfen^eit bon KriegSgejangenen ©efprö^e miUtäri- j(^en, politifi^en ober toittftöoftli^en On^oftS 3U untertaffen. iOertrauenSfetigteit i^nen gegenüber öffnet Öpionnge unb Önbotage Hür unb 2!or. - unb »itb fc^toer beftrofb unter Umftonben fogar mit bem ^lobc: 1. S3Bet SSeibilfe 3u beimliicber SUm^ritötenübermittlung leiftet burdö Stnnaönie Jbet SBefterbeföibetung unge prüfter KriegSgefangenenpoft ober buti^ .©etgobe einet ©edanfe^rift. £{e gefomte KriegSgefangenenpoft mug burc^ bie ^rüfftette ber Kriegsgefangenenlager geöen. 2. äUet Kriegsgefangene 3um fetnfpreeg- ober Selcgrap^enberte^r sutägt. 3. 9ßer boS unbeauffiebtigte Slbböten beS SltunbfunfS ober gar feinbliiftet 6enbet geftattet. 4. aßet borfogtiege aSeiöilfe 3ur gim^t leiftet. Ein „Merkblatt für das Verhalten der Bevölkerung gegenüber Kriegsgefangenen und Fremdarbeitern“ (1941) zeigte Strafbstimmungen und Verfolgung bis zur Todesstrafe auf (Auszug).
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