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Gebiigsbau uni Osteinle dvs ftildcn Kaiurs: Der J4/ttersteinkalk von 1aukspirzu und LärchecI. übe,- lagert die Gesteinsserien des Niederkaisers. Fotos. OStR. Dr Kurt Jaksch Schriftleitung Hans Wirtenberger Nr. 6/2005 (143) 15. Jahrgang Kalkalpengeologie erforscht und erlebt Grenzü berschreitende Bedeutung der Geowissenschaften - Einblick in erdgeschichtl iche Zeiträume Die großen Auswirkungen kleinster Veränderungen in erdgeschichtlichen Abschnit- ten, die Anwendung geologi- scher Ersterkenntnisse auf den kalkalpinen Raum und die zwangsläufige Verknüp- fung von Spezialwissen mit hi- storisch orientierten Rah- menbedingungen in der erdgeschichtlichen Forschung beschäftigten durch Jahr- zehnte den Forscher. In einem Vortrag im St. Johanner Hei- matmuseum zeigte er die geo- logische Sonderstellung des Kaisergebirges in den Nördli- chen Kalkalpen auf und er- läuterte Grundsätzliches zum Eiszeitalter und seiner Bedeu- tung für die Klimaforschung. Von Dr Kurt Jaksch Mit dem Begriff "Geologie" verknüpft man aus wirtschaftli- cher Sicht gewisse fachliche Voraussetzungen für bautechni- sche Maßnahmen oder zur Roh- stofferschließung, man denkt im Falle extremer Naturerschei- nungen - wie bei Erdbeben und Vulkanausbriichen - an jene Wissenschaft, die nicht nur um Erklärungen bemüht ist, son- dern auch warnend auf die Pro- blemgebiete hinweist und man erinnert sieh an diese Erdge- schichtsforschung, wenn die Sprache wieder einmal aufjene ungewöhnlichen Lebewesen kommt, die vor Millionen von Jahren die Erde bevölkert ha- ben. Weniger begreiflich ist uns aber, dass bereits die Land- schaft um uns ein gewaltiges Archiv an Erdgeschichte ent- hält, ein Archiv, in dem wir uns mehr oder weniger unwissend bewegen. Und diese Natur "schweigt", d. h. sie vermittelt sich uns nicht, solange wir ihr nicht die richtige, unvoreinge- nommene, mythologisch nicht belastete Frage stellen. Solche Fragen werden zwar schon seit der Antike gestellt, aber erst ab dem Zeitalter der Aufklärung beginnen sie sich - den einset- zenden naturwissenschaftlichen Fortschritt ausnützend - nach- drücklich auszuwirken; und zwar unter der Devise "sich aus der selbstverschuldeten Un- mündigkeit zu befreien". Aber der Aufklärer im 18. Jhdt. denkt im Grunde genom- men ungeschichtlich, denn in der Geschichte - so meint er - liegen ja gerade jene Mächte, die ihn bisher gefesselt haben, und so beginnt zwar eine starke Zuwendung zur Natur, aber die- se ist zunächst mehr beschrei- bend, einteilend und ordnend; d. h. man erfasst das sich aktuell Bietende und beginnt es auch zu bewundern. Mit der Deutung der geowis- sensehaftlichen Belegstücke tat man sich freilich noch schwer, es fehlten die exkten naturwis- senschaftlichen Rahmenbedin- gungen; und so st es nicht ver- wunderlich, wenn der Schweizer Arzt und Naturfor- seher Jakob Seheuchzer um 1700 das Skelett eines jungter- tiären Riesenmolches als ein "betrübliches Beingerüst eines (bei der Sintflutkatastrophe un- tergegangenen) verruchten Menschenkindes" deutete. Als man aber in der Folge im Gestein den Repräsentanten ei- nes bestimmten Bildungsrau- mes erkannte bzw. in den einge- schlossenen versteinerten Lebensresten die Anzeichen ei- ner vergangenen Lebewelt und darüberhinaus in der Aufeinan- derfolge dieser Zeugnisse eine Ereignisfolge, waren die Grundlagen einer erdgeschicht- liehen Betrachtung geschaffen worden, und das geschah zunächst in den außeralpinen Landschaften, wo die Gesteins- schichten im wesentlichen un- gestört vorliegen. Verlagerung in ründ 150 Millionen Jahren Blickt man forschend in der Erdgeschichte zurück, dann muss der Unterschied zwischen Einst und Jetzt natürlich äußer- stes Erstaunen auslösen. Den- ken wir beispielsweise daran, dass die Felswände der Waid- ringer Steinplatte teilweise aus tropischem Korallenriffkalk be- stehen,einer Bildung tropischer Flachmeere. Heute befindet sich dieses Gestein nicht nur in 1800 m Höhe, sondern auch 4.000 bis 5.000 km vom tropi- schen Klimagürtel entfernt. Ahnliches gilt für den \Vetter- steinkalk des Kaisergebirges, der zur Hauptsache aus kalki- gen Skelettteilen von Meeresal- gen und Schwämmen besteht;
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