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Fieberbrunns Jun gbürg€r bewiesen mit ihrer gesellschaftsreflektie- renden Showdarbietung. dass sie keineswegs unkritisch vor ihrer eigene Generation Halt nachen und wussen mit spitzen Pointen zu überzeugen. Foto: Anzeiger 4 Aktuell Ausgabe 43 Unsere Demokratie braucht den unverbrauchten Geist der Jugend Jungburger, was nun? r] efl d sich viele Sorgen mm ihre Renten und Pen- sionen machen, lacht der unermüdliche und weltbe- kannte Kitzbüheler Schnei- dermeister Franz Prader, während er mit fröhlichern Flei3 Hosen zuschneidet und Kunden betreut. Letzte \roche beendete der be- lieb:e Kitzbüheler Wahl- bürger sein 70. Lebensjahr und denkt nicht einmal an den Ruhestand. Von Weit war eine große Zahl von guten Freunden zum Dank-Gottesdienst in die Pirrldrche und anschlie- ßend zu einem schönen Fest in den Rasmushof gepil- gerL Typisch für Franz Pra- der war sein Geburtstags- wunsch: Er bat, man möge ihm keine persönlichen Ge- schenke bringen, sondern ihm lieber helfen, eine in Not geratene Kitzbüheler Familie zu untersffitzen. Es gibt wohl kaum jemanden in der Uahnenlkammstadt, der so vielen Menschen, Verei- nen und Wohltätigkeiten so grojilzügig geholfen hat, wie der „Zuagroaste' der sei- ner neuen Wahlheimat viel Ruhm und Ehre brachte unc bringt. Wahrend andere Unter- neltner aus der Textilbran- che längst im Orient billig herstellen lassen, kultiviert Prader sein Handwerk tap- fer weiter und gibt einem Dutzend Mitarbeiter Arbeit unc hat unzählige Lehrlinge zu tuchtigen Handwerkern und Verkäufern ausgebil- det. Mögen dem Meister Praier noch viele fröhliche, fleißige und gesunde Schaf- fensj gegönnt sein! Dieser Tage vollzieht sich für hunderte junge Tirole- rinnen und Tiroler ein be- deutender Lebensabschnitt. Sie werden als Jungbürger in die Gemeinschaft cer Er- wachsenen aufgenommen. FIEBERBRUNN. Auch .n der Pifierseetal Gemeinde ging jüngst die Jungbürgerfeier über die Bühne. Ein offizieller Akt der Gemeinde, um im vorlie- genden Fall die Jahrgänge von 1983 bis 1986 in der dürflichen Gemeinschaft willkommen zu heissen und aufzunehmen. Der Jungbürger ist somit ein vollwertiges Mitglied in sei- ner Kommune, ausgestattet mit all den daraus abzuleitenden Rechten und Pflichten (Wahl- recht, volle Geschäftsfiihigkeit, Volljiihrigkeit, Führerschein, unbegrenzte Ausgehzeit). Die Jungbügerlichkeit steht damit als nicht zu unterschät- zende Größe im Lebe:i eines jungen Menschen. Dennoch zeigt so manche Studie auf, dass sehr Viele diesbezüglich vor einem verschlossenem Buch stehen. Was steht hintzr dem Begriff Jungbürger? Warum soll der junge Mensch, dessen Mei- nung und Urteil bislang kei- nen „Fentlichen" Wert besaß, plötzlich die Pificht auf sich nehmen, zum Wohle der Allge- meinhe:t zu agieren. Sich ein- zubringen und zu engagieren. Rechte und Pflichten Natürlich werden die Volks- vertreter nicht müde ihr neues „Wahlvolk" auf Künftiges ein- zustimmen und sie einzuladen aktiv am gesellschaftlichen Le- ben mi:zuwirken. Auch wenn diese Formulierung zynisch klingen mag, sei einem verant- worttngsvollen Politiker kei- neswegs sein ehrliches Ansin- nen anzusprechen. Natürlich ist die ausgespro- chene Finiadung mitzugestalten ernst gemeint. Auch BM Her- bert Grander drückte dies in seinen Worten aus: „Die Jung- bürgerfeier ist nicht nur lieb- gewonnene Tradition, sondern steht als feierliche Aufnahme in die (Iemeinschaft. Einer Ge- meinschaFt, die den demokra- tischen Grundwerten verpifich- tet ist." Und daraus sind eine Menge Pffichten für den jungen Ge- meindemitbürger abzulei- ten, nch auf sozialer, mora- lischer, gesellschaftlicher wie politischer Ebene einzubrin- gen. Als junger Mensch aktiv die Zukunft seiner Gemeinde mitzubegründen. Reicht eine Einladung aus? Dennoch, bliebe nur die aus- gesprochene Einladung ste- hen, könnte so manch verheis- sungsvoll Begonnenes, bereits am Abend der Jungbürgerfeier wieder verpuffen. Eltern wissen, dass es nicht nur ausreicht ihrem Kind die Hand zu reichen. Vielmehr muss die Hand auch genom- men werden, denn der junge Mensch will geführt sein. Unbestritten zeigt sich die Ju- gend als geistig wendigster und flexibelster Bestandteil einer Gesellschaft. Und genau dieses Potential ist die Chance für le- bendig Neues, Unverbrauchtes und gesunde Ansichten. Doch muss die Gesellschaft wissen, dass auch ihre Verant- wortung gegenüber den Jungen zu greifen hat. Verantwortung in jener Form, die es ermögli- cht als junger Mensch, einen er- sten unsicheren Schritt in neue Aufgaben zu wagen. Schon Silvius Magnago, ein großer Tiroler und legendärer Landeshauptmann von Südti- rol, wußte vor Jahrzehnten da- rauf hinzuweisen: „Heimatliebe, Gemeinschaftsbewußtsein,Ein- satzfreude und demokratisches Verhalten kommen nicht von selbst, sondern wollen von je- der Generation neu erwor- ben werden. Jeder Jugend ist die Aufgabe gestellt, sich selbst ein eigenes Weltbild zu bauen, weil nur ein eigenes geistiges Gebäude dem Sturm der Zeit standhält!" Den Rahmen dafür zu schaf- fen und der geistigen Grund- haltung (der Jugend gegen- über) Raum zu gewähren, ist die Aufgabe und Pfficht, der in die Jahre gekommen Jungbür- ger von einst. Dann aber dür- fen wir jedoch auf die Kraft und Wertevorstellung der Jugend vertrauen und auf sie bauen. Christoph Hirnschall Ebersberg otobene Meister Franz
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