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11Aktuell Ausgabe 27 Medikamentensüchtige gehen durch die Hölle - lange bleibt ihre Krankheit der Umwelt verborgen Medizin - Segen und Fiuch zugieich verbundenen körperlichen Schäden hin.“ Auffällig wird eine Abhän gigkeit meist erst dann, wenn der Süchtige einmal kein Me dikament zur Hand hat. Die Tabletten dienen mit der Zeit nämlich nur mehr dazu, die Entzugserscheinungen dämpfen. „Das gute Gefühl vom Anfang der Sucht wird sich auch trotz Dosissteiger ung nicht mehr einstellen“, weiß Dag. Suchtbereitschaft bleibt 30 Jahre Und noch etwas verstärkt das Problem: Medikamente sind relativ leicht zu bekommen. Viele Suchtkranke lassen sich ihre Pillen von verschiedenen Ärzten verschreiben, um nicht aufzufallen. Erst, wenn ohne dem Medi kament gar nichts mehr geht, werden sich viele ihrem Pro blem bewusst. Meist sind dann persönliche Gründe ausschlaggegebend für den Wunsch, wieder „clean“ zu werden. Nach einer Entgif tung im Krankenhaus heißt das oberste Ziel Entzug und Abstinenz. Jetzt überneh men die Berater am BIN die Nachbetreuung. „Oft begleiten wir die Be troffenen über zwei Jahre in Kleingruppen. Insgesamt kann die Suchtbereitschaft bis zu 30 Jahre bestehen bleiben. Auch Angehörige suchen oft Rat, sie werden nicht selten zu Ko-Abhängigen, weil sie etwa dem Süchtigen helfen, an sein Medikament zu kommen oder ähnliches.“ Zum Verein BIN, im Be zirk in Kitzbühel und St. Jo hann vertreten, kann jeder kommen und die kostenlose Betreuung in Anspruch neh men. Selbstverständlich an onym wird hier versucht, ge meinsam einen Weg aus der Krise, egal ob hervorgerufen durch Drogen, Medikamente, Alkohol oder andere Sucht mittel, zu finden. Viele werden mit ihrem Le ben nicht mehr fertig, ihre Probleme versuchen sie mit Tabletten in den Griff zu bekommen. Ein fataler Fehler. BEZIRK. Die Medikamenten- abhängigkeit gilt als eine der hintertückischsten heften überhaupt. Man be zeichnet sie auch als „heim- hche Sucht“, da die Einnahme von Medikamenten leicht un bemerkt stattfinden kann, stets unter dem Vorsatz, man tut etwas Gutes für seine Gesund heit, das Wohl des Körpers. Der Verein BIN, der Name setzt sich zusammen aus den Worten „Beratung -Informa tion - Nachsorge“, schätzt die Zahl der Medikamentenab- hängigen im Bezirk JQtzbü- hel auf rund i.zoo Menschen. „Die missbräuchliche Ver wendung von Beruhigungs-, Schlaf- und Schmerzmitteln führt bei vielen Menschen zu Abhängigkeitserkrankungen. Erste Anzeichen dafür sind unter anderem eine ständige Steigerung der Dosis sowie körperliche und psychische Entzugserscheinungen beim Aussetzen des Medikaments“, erklärt Armin Dag, der Leiter der BIN-Beratungsstelle in St. Johann. Frauen sind besonders betroffen zu Krank- Tabletien und Alkohol - eins Komoiration die für der. menschnoher. Körper bitter enden kann. Foto: .^zeiget Schwind;], unangenehme Er regungszustände, Pseudo-De menz, BewegungsEtcrungen, Herzprobleme usw. - die Li ste der Folgeschäden auf grund missbräuchlicher Ver wendung von Medikamenten ist lange. „Im Vergleich zur Alke hol sucht ist noch wenig öffent liches Bewusstsein für diese Krankheit vorhanden. Denn in ihrem eigentlichen Sinn sind Medikamente ja etwas positives, deren Missbrauch kann selbst von Angehörigen nur schwer bemerkt werden - Oft sind es „Kleinigkeiten“, meist erst dann wenn die kör- die eine Medikamentensucht perhehen Schäden bereits ver- auslösen können. Allgemeine heerend sind“, so Dag. Lebensprobleme, Depres sion, Stress, Burn Out oder das Gefühl, beruflich oder privat versagt zu haben, ste- Im Vergleich zur Alkohol- hen hier an vorderster Stelle. sucht ist hier die Behand- Frauen sind beinahe dop- lung um einiges schwieriger, pelt so oft von dieser „ver- Die Entwöhnung dauert fast steckten“ Sucht betroffen als doppelt so lange und die Ent- Männer. Erschreckend auch Zugserscheinungen sind oru- die Tatsache, dass laut einer tal, sc dass eine stationäre Aufnahme unumgänglich ist. Auch die Rückfallquote ist um einiges höher als es bei Alkoholkranken der Fall ist. Nervenschäden, chronischer “Medikamen- ter sucht ist besonders schv\ferzu benandem“, Armin Dag. BIN. 3iid: .Anzeiger Entzug doppelt so schwer wie bei Alkohol Und dennoch ist vielen das Risiko nicht bewusst, weiß Armin Dag aus Erfahrung. „Die Warnung der Ärzte 'vird oft nichi ernst genommen. Auch Beipackzetiel ven ab hängig machenden Medika menten weisen oft zu wenig deutlich auf die versteckte Suchtgefahr und die damit Umfrage etwa bereits fünf Prozent der 14-Jährigen an geben, schon häufig Beruhi gungsmittel genommen zu haben. sag
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