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Comtesse Paula Lamberg Juger -dblldnis) Foto: Stadtarchiv Kitzbü hei Die mutige und vielseitige Paula Schlik-Larnberg wurde das erste Opfer des Frauensports in Tirol Sportlady internationaler Klasse Als „schwebende Gräfin" erregte die Tochter des Grafen Lamberg vor bald hundert Jahren interna- tionales Aufsehen. Die leidenschaftliche Sport- lerin starb vor 80 Jahren als Beifahrerin bei einem Autorennen. In der Sport- geschichte hat sie einen fixen Platz. Von Hans Wirtenberger Comtesse Paula Lamberg war eine echte Kitzbühele- rin. Ihre Eltern wohnten im Schloss Lebenberg, als sie am 21. November 1887 zur Welt kam. Chef der Familie war Reichsgraf Carl Wenzel Emil von Lamberg, der nach der Aberkennung des Fürstenti- tels von Schloss Kaps aus den auf die Herrschaft Kitzbühel geschrumpften Besitz führte. Nach seinem Tod im Jahr 1906 übernahm Reichsgraf Hugo Anton, ein Jüngerer Bruder, der Vater von Comtesse Paula, seine Aufgaben. Der Graf, ein hoch gebildeter Mann, war wegen seiner Güte und Leut- seligkeit hoch geschätzt. Mit Vorliebe förderte der k.k. Ritt- meister Pferdezucht und Land- wirtschaft. Er war auch Präsi- dent des 1881 gegründeten 1. Nordtiroler Trabrennvereins, der eng mit der 1902 entstan- denen Wintersportvereinigung zusammenarbeitete, unter- stützte den Verschönerungs- verein und wohltätige und patriotische Aufgaben. Auch als Mundartdichter betätigte sich der „Herr auf Lebenberg". Seine Gattin Contessa Giulietta Brunetti stammte aus Bologna. Die Hochzeit hatte 1883 in Wien stattgefunden. Nach dem Sohn Maximilian, der 1885 geboren wurde, folgte zwei Jahre später die Tochter Paula. Vor dem Einzug der Fa- milie wurde Lebenberg we- sentlich erweitert. Es entstand eine der ersten Fremdenpensi- onen Tirols, die lange von ei- ner englischen Familie, später aber von der verwitweten Grä- fin und der Tochter Comtesse Paula geführt wurde. Die gräfliche Familie war bei Veranstaltungen gern un- term Volk, selbstverständlich bei Pferderennen, aber auch beim Volkstheater und beim Wintersport. Der Sprunglauf wurde um 1910 als Krone des Schi- laufs gesehen. Der Sprung- schanzenbau verbesserte sich rasch, die Sprungweiten nah- men zu. Durch das Erschei- nen von Sprurgkoryphäen be- kam der Sprunglauf aber bald „eine Tefldenz ins Kolossale, Rekordbrechende, ja Artisti- sche", bemerkte Richard Brün- ner im erstmals erschienenen Jahrb ich des Wintersports 191o/u.( Der Weltrekord stand damals bei 41 m). Eine junge Frau „außer Konkurrenz" Der Autor stellte in Österreich einen entschiedenen Mangel an kleinen, nir für Lernzwe- cke bestimmten Schanzen fest. Eine rühmliche Ausnahme bil- dete Kitzbühel, wc man dank den Bemühungen von Bür- germeister Franz Reisch zahl- reiche Lernhügel vorfand, die von der einheimischen Jugend fleißig gL1lützt wurden. Ange- sichts der vielen jungen Sprin- ger war auch Comtesse Lam- berg mit der Zuschauerrolle nicht zufrieden. Als Zwanzig- jährige sprang sie auf Schan- zen. Allerdings musste sie mit einem hinderlichen lan- gen Rock vorlieb nehmen. Sie konnte zwar an verbandsof- fenen Bewerben teilnehmen, erbrachte durchaus mit den Herren vergleichbare Leistun- gen, blieb aber „außer Kon- kurrenz' Bis zu eigenen Schi- sprungbewerben für Frauen dauerte es noch Jahrzehnte. Es ist nicht mehr feststellbar, wann Comtesse Lamberg zu springen begann, die Angaben schwanken zwischen 1904 und 1908. Der bekannte Winter- sportjournalist Carl J. Luther, der zum Eröffnungsspringen auf der Schattbergschanze als Springer nach Kitzbühel ge- kommen war, erinnerte sich, dass sie mit den Buben bei sei- nen Probesprüngen dabei war. Er bezeichnete sie später als „tüchtige Springerin von 1908 bis 1911, die einzige Dame, von der man, wenigstens in Mittel- europa, so etwas sagen konnte. Nicht nur, weil sie allein gut sprang, auch bei Wettbewer- ben ließ sie sich sehen mit gu- ten Sprüngen von 20 bis 28 Metern, Weiten, die damals noch etwas galten." (Nachruf in der Zeitschrift „Der Win- ter' 1927). Nur von wenigen Sprung- veranstaltungen sind Berichte und Ergebnisse überliefert.
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