Kitzbüheler Anzeiger

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Peter Aufschnaiter und Heinrich Harrer flüchteten unter golien Stra- pazen nach Tibet. etnuUbtötte*r 9r. 412008 1it3büCIC1 eimatbtättcr Neues Wissen über die außergewöhnliche Persönlichkeit des Kitzbühelers Peter Aufschnaiter (2. Teil) Allein Über die weiten Ebenen Tibets Bei Kriegsausbruch wur- den die auf die Heimkehr wartenden Bergsteiger inhaftiert. Die Umstände im Lager Dehra Dun waren günstig: befriedigende Verpflegung, Sportplätze, dreimal pro Woche Ausflü- ge. Weitere Ausflüge in die Umgebung, die nur durch Ehrenwort gebunden wa- ren, wurden heimlich zur Fluchvorbereitung genutzt. Von Mag. Kathrin Dotzler Lutz Chicken erinnerte sich darüber hinaus aber auch an die zahlreichen Stunden, die Peter Aufschnaiter zurück- gezogen bei seinen Studien verbrachte. Dieser Lerneifer, nicht zuletzt beim Studium der tibetischen Sprache, Ge- schichte und Kultur, sollte ihm und seinen Kameraden nach der Flucht sehr zu Nut- zen kommen. Aufschnaiter und Harrer gelang die Flucht nach Ti- bet, wo sie bis 1951 bzw. 1952 blieben. Zunächst als uner- wünschte Ausländer gerade geduldet, konnten sich beide kurz nach ihrer Ankunft in der Hauptstadt Lhasa am 15. Jänner 1946 der tibetischen Regierung als nützliche Ar- beitskräfte empfehlen. Wertvolle Arbeit für Tibet Peter Aufschnaiter leistete als angesehener Beamter wert- volle Arbeit für Tibet. Ne- ben dem Bau des ersten tibe- tischen Bewässerungsgrabens, der kartographischen Arbeit an einem Stadtplan von Lhasa und den Bemühungen um die Verbesserung des Saatguts, vergrößerte er ein kleines elektrisches Kraftwerk und erstellte Pläne für eine Brücke über den Kyi Chu sowie für eine Flussbettverlagerung, um den Norbu Linka, den Som- merpalast des Dalai Lama, vor Überflutungen zu schüt- zen, Am 23. Dezember 1947 schrieb er an Ernst Reis:h: „Ich bin hier sehr an fand- wirtschaftlichen Dingen irzter- essiert, am wichtigsten ist die Düngungsfrage, da der Mist zn großen Teil verheizt wird. V/enn Du mir wieder einmal schreibst, teile mir bitte mit, wie viel der Ertrag für Weizen und vor allem für Gerste auf Feldern im Tal und in Bergla- gn ist, im Durchschnitt z.B. in Kitzbühel und St. Johann und zwar in der Form: wenn man ene gewisse Menge, etwa ei- nen Sack Saatgut aussät, wie viele Säcke kommen daraus bei der Ernte herein." Bei den Bauarbeiten am Be- wässerungskanal barg er ver- s:hiedene Grabbeigaben wie Tongefäße oder Werkzeuge, die er bei seiner Flucht aus Tibet mit nach Indien nahm und sie dort dem Tibetolo- gen Professor Guiseppe Tucci aus Rom übergab, der sie wis- senschaftlich untersuchte und Aufschnaiters Feldauzeich- nungen und Skizzen 1956 in der Zeitschrift „East and West" veröffentlichte. Nach cern Verlassen Ti- bets fand Peter Aufschnai- ter eine neue Heimat in der Schweizer Kolonie Helvetas in Katmaridu. Nepalesische Staatsb Lirgerschaft In Nepal wurde Peter Auf- schnaiter als Kartograph bei der nepalesischen Regierung sowie als Mitarb eiter bei der UN-Organisation „Food and Agri:ulture Organization" (F.A.O.) angestellt. Außerdem erhielt er die nepalesische Staatsbürgerschaft, lie es ihm ermöglichte, Gebie:e zu erfor- schen, die Ausländer nicht be- treten durften. Dabei stieß er in schwer zugänglichen Höh- len im Mustang-Geiet an der tibetischen Grenze auf früh- buddhistischen Fresken und bereicherte damit die Wissen- schaft erneut mit wertvollen Funden. Nach einem ersen Urlaub von zwei Monaten in der Hei- mat Kitzbühel im Herbst 1958, finanziert von seinem Dienst- geber, reiste er in den Sech- ziger und Siebziger Jahren im- mer wieder nach Europa, in späteren Jahren auch aus ge- sundheitlichen Gründen. Da- bei besuchte er Ernst Reisch's Familie, die ihn bei diesen Ge- legenheiten als edlen, gütigen und bescheidenen Menschen erlebte, der einmal den Töch- tern Marlene und Johanna mit indischer Seide als Gast- geschenk eine große Freude bereitete. Gesundheitliche Probleme Doch auch in Nepal hielt er engen Kontakt zu Tirol, wie seine zahlreichen Briefe an Mutter, Schwester und Kitz- büheler Freunde zeigen. In mehreren Briefen berichtet er, den „Kitzbüheler Anzei- ger" lesen zu können, öster- reichisches Radio zu hören, und bereits aus Lhasa hatte er Ernst Reisch 1947 darum ge- beten, ihm eine Walde-Post- karte zu schicken. Doch wie sah sein Leben in Nepal aus? In einem Brief an seine Schwester Therese Po- desser vom 16. März 1970 fasst er seinen Alltag zusammen: „Gesundheitlich fühle ich mich wohl, ich mache jede Woche eine Wanderung und die füllt mir nicht schwer, am letzten Sonntag auf einen Aussichtsberg, vorne die blü- henden Bäume und dahin- ter die Berge weit herab ver- schneit, ein breites weißes Band fast 400 km lang. Ar - beiten tue ich nicht, dafür sitze ich oft mehrere Tage fast ohne Pause in meinem Zim- mer schreibend und in mei- nen Sachen wühlend. Es gefällt mir gut hier, in einem Monat schon ist es wieder an der Zeit für mich auf eine Tour zu ge- hen, die ich schon lange im- mer machen wollte, in Ost Ne- pal, dort ist der Regen früher, und es wird diesmal nur etwa zwei Monate, dann gleich nach Innsbruck. Natürlich weiß ich nicht, wie es mir dort wieder gehen wird, ich rechne mich wieder auf längere Zeit im Spi-
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