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Der berühmte Sänger mit einem Enkel im Herold-Bad am Schwarz- see (Sommer 1934). itbübcIer hctuuatMätter ißeinmiblätteir 94. 5/2008 Scha/japin-Eigenkarikatur im Erinneningsbuch der Praxmair- gruppe (1937). Innsbruck, schrieb Bücher zur Geschichte Tirols und Ös- terreichs, musste beim Win- terfeldzug 1941/42 neuerdings an die Ostfront und war zu- letzt Direktor der Lehrerbil- dungsanstalt in Innsbruck) er- möglichte beim gemeinsamen Mittagessen im Stiftskeller ein informatives Gespräch. Das ganze Sinnen und Trachten Und dann gelangten wir zu seinem Häuschen in Kitzbü hei, wo er sich einen ebensolchen Keller bauen will. Überhaupt scheint das Häuschen in Kitz- bühei das ganze Sinnen und Denken des Künstlers solange er in Tirol ist, einzunehmen. Er hat sich auch ein Häus- hen, das seine zweite Heimat werden soll, selbst entworfen. Ein einfaches, schlichtes Bau- ernhaus will er sich bauen, denn er ist, wie er sagt, als Bauer geboren und will wie- der ein Bauer werden, und Kitzbühel gefällt ihm deswe- gen so gut, „weil es dort so kalt ist wie in seiner Heimat." Jetzt will er nach Kitzbühel gehen, als Bauer leben und nie mehr singen. ich habe gefunden, dass es hier in Tirol Menschen gibt, die mehr Herz haben als die da drüben. Ich habe in Kitzbü- hei Leute um mich gehabt, die nicht sofort an eine gute Pro- vision gedacht haben, dafür, dass sie mich gebracht haben. Und das hat mir so besonders gut gefallen. Vielleicht kann ich hier mehr Guters tun Und Tirol ist ein armes Land und ich bin auch arm geboren. Vielleicht kann ich hier mehr Gutes tun als in der Stadt (Aloys Sch., Tiroler Anzeiger, 2. Mai 1934) Dr. Otto Winter, der nach dem Krieg Abgeordneter zum Nationalrat wurde, schrieb über die „Plauderstunde bei Fedor Schaijapin" in der Volkszeitung: „Es ist also wirklich wahr, dass der berühmteste Sänger unserer Zeit sich nun bald ganz in Tirol zur Ruhe niederlassen will. Er erzählt und begründet es in fesselnder Plauderei, de- ren leichter Ton die grandiose Persönlichkeit dieses begna- deten Künstlers erst recht er- schließt. Was ihm hier gefällt, dass er sich da seine letzte Hei- mat begründen will? Das eigenartige und rasch schwankende Klima erinnert ihn an seine russische Heimat und die herrlichen Berge an den Kaukasus, wo er in Tiflis seine Sängerlaufbahn begon- nen hat. Ich stamme von Bauern - das Wort hat gewichtigen Sinne aus dem Munde eines Man- nes, der die größten Auszeich- nungen aller Souveräne emp- fangen hat - ich habe meine Kraft zu Arbeit und Erfolg aus der Erdverbundenheit meiner Eltern gewonnen, nun will ich zurück zur Scholle. Und wenn der Vogel alt wird, denkt er nicht mehr an das Singen." Bei dem Pressegespräch sagte Schaljapin, als er seinen Rückzug andeutete, er übe noch täglich mindestens vier Stunden. Die Vorfahren seiner Frau Marija Valentinowna Petzold (nach dem ersten Mann), geb. Eluchen, entstammten einem österreichischen Adelsge- schlecht. Die jüngsten Töchter Marina und die 12 Jahre alte Tassia, sein Liebling, wohnten mit Schaljapin in Kitzbühel. Innsbruck hatte der Künst- ler eher zufällig während eines zwangsweise zweistündigen Aufenthalts des Expresszugs kennen gelernt. Beim Bum- mel durch die Stadt landete er in einem Restaurant und trank Wein, der so schmack- haft war, dass Schaljapin den Stiftskeller zum Stammlokal erkor. Eine viel bedeutendere Rolle für Schaijapin hatte aber Kitz- bühel. Sein vor der Presse er- klärtes Heimatgefühl für die Stadt war echt Ein Iebensfroher und beliebter Gast Wann Schaijapin ‚ der damals abwechselnd in New York und Paris lebte, erstmals zur Er- holung nach Kitzbühel kam, ist nicht mehr nachweisbar. Insgesamt soll er aber fast zehn Jahre Gast in der Pen- sion Schloss Lebenberg (Be- sitzer ab 1927 Franz Graf Schlik, Pächterin ab Oktober 1933 Melanie Reichelt) oder im Grandhotel (Direktor ab 1926 Dr. Ekkehard Kofler) ge- wesen sein. Ohne Hinweis darauf, dass der Künstler schon früher in Kitzbühel gewesen sei, schrie- ben die Kitzbüheler Nachrich- ten am 27. Jänner 1934, dass der berühmte russische Bari- ton(!) Fedor Schaljapin sich in Kitzbühel befinde und im Grandhotel Logis genommen habe. Der nächste Vermerk in der Lokalzeitung stammt vom 17. Februar: „Der berühmte rus- sische Tenor (!) weilt noch im- mer in Kitzbü hei. Es verlautet, dass er die Absicht hat, sich hier eine Villa zu bauen. Es wäre sehr zu begrüßen, wenn dies den Tatsachen entspre- chen würde." Die Wintersaison 1933/34 ging überraschend schnell zu Ende. Ende Februar waren noch 800 Gäste gemeldet, am 3. März wurde in der Zeitung angekündigt, dass das Grand- hotel - damals der Leitbetrieb
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