Kitzbüheler Anzeiger

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Ä .'^an§ SStetcntcrgcr S«r. 4/3009 (165) 19. ^a^tgong Eine ungewöhnlich scharfe politische Auseinandersetzung m Kitzbühel vor hundert Jahren Viel Aufregung um eine „Fahnenaffäre“ Eine groteske Auseinan­ dersetzung zwischen Bürgermeister und Bezirkshauptmann war im Jahre 1909 das wichtigste Sommerereignis in Kitz­ bühel. Der 14. August 1909 sollte ein erster Höhepunkt in der Tä­ tigkeit des seit Dezember 1908 eingesetzten Bezirks­ hauptmanns Baron Dr. Alfred Lill- Rastern von Lihenbach sein. Erzherzog-Thronfolger Franz Ferdinand und seine Von Hans Wirtenherger Gattin, Fürstin Sophie von Hohenberg, kamen zu einem Kurzbesuch zum neuen Mi­ nisterpräsidenten Graf Dr. Richard Bienerth-Schmerling, der mit seiner Familie wieder seit Wochen in Kitzbühel auf Sommerfrische weilte. Die Zeitungen berichteten davon fast nichts, aber viel über den Beamten und die „Kitzbühe- 1er FahnenafFäre“. Bezirkshauptmann Baron Dr. Alfred Lill wollte dem Thronfolger lupenreinen Pa­ triotismus präsentieren, des­ wegen verlangte er von einem reichsdeutschen Gast, die am Heroldhaus, seiner ge­ wohnten Urlaubsunterkunft, ausgehängte deutsche Fahne zu entfernen, die vom Som­ merwohnsitz des Minister­ präsidenten, der Villa Jäger­ hof, in dem kurz auch der Thronfolger zu Gast sein • würde, einzusehen war. Dabei agierte der Bezirks­ hauptmann übergeschäf­ tig und unsensibel. Die „be- hördhche Fremdenerhebung“ Min'sterpräsident Bier.erth-Schmer'ing und se<ne Familie wohnten im Sommer 1909 im „Jägerhof“ (siehe Pfeil) von Apotheker Alois Vogl, (unmitteloar dahinter etwas verdeckt das Bauernhaus Ecking, links davon der Eckingerhof, davor die Tischlerei We'xlbaumer und das alte Bauernhaus Gumpp, neben dem erst spä­ ter die Villa Rechnitze'und das Landhaus Koschek jganz links) gebaut wurden Die vom Jägerhof einseh­ bare deutsche Fahne hing am Heroldhaus (Btiovordergrund). Fota Aufnahme nach 1910 (Stadtarchiv Kitzbühei). durch einen ausgeschickten Gendarmen erforderte die Suche des ihm unbekannten Fahnenbesitzers in den Kabi­ nen am Schwarzsee, was Auf­ sehen erregen musste und die Angelegenheit öffentlich machte. Behördliche Suche in den Badekabinen Und daraus ergab sich eine Gelegenheit, dem bei der Mehrheit des Gemeindeaus- schusses unbeliebten Beam­ ten einen Denkzettel zu ver­ passen. Dr. Lill hatte viele alldeutsche bzw. deirtsch-na- tionale Kitzbüheler getroffen und dem Fremdenverkehr ei­ nen Bärendienst erwiesen, als er die Fahne des Deut­ schen Reiches, des militä­ rischen Bündnispartners Ös­ terreich-Ungarns, abhängen liei?. Auch hatte er im Früh­ jahr i9C‘9 von den Gemein­ den Kitzbühel-Stadt und Kitzbühel-Land fast ulti­ mativ den Ankauf der Villa Achenieim (unweit des Fel­ senecks) für ein Notspital ge- fcrderr und sich in der Folge in die Gemeindepolitik einge- mischr und damit den Unmut der Führung in der Stadige- meinc.e gesteigert. Bürgermieister Fteisch rief kurzfristig an eitlem Tag zwei Gemein­ deausschusssitzungen ein, die aber nicht beschlussfähig waren, weil die Minderhei­ tenfraktion nicht mitmachte. Bei dem ausschließlich von der Mehrheitspartei besetz­ ten Gemeinderat (entspricht dem heutigen Stadtrat) wurde ein geharnischter Pro­ test beschlossen, aber auch angekündigt, „jede Beteili­ gung an was immer für Feier­ lichkeiten oder Festlichkeiten ablehnen zu müssen, an wel­ chen der derzeitige Bezirks­ hauptmann teilnimmt.“ Die nächste anstehende Feierlichkeit war der Emp­ fang von Kaiser Franz Josef am Bahnhof, der auf der Franz
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