Kitzbüheler Anzeiger

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eifer des Bezirkshauptmanns von Lilienbach betrachten, und wenn dann der mit dieser Aufgabe betraute Gendarm ebenfalls eine gleiche Portion an Übereifer zur Schau getra­ gen hat, so ist das am End’ koa Wunder. Jedenfalls ist die ganze dumme Geschichte koa hin­ reichender Grund, um damit a so Spektakel zu schlagen, wie’s g’schehen ist. Dass man’s trotzdem ge­ schlagen hat, spricht sehr da­ für, dass die herrschenden Parteien in Kitzbühel dem Herrn von Lihenbach schon vor dem net grün gewesen sind, und es hat sehr den An­ schein, als ob man die höchst rmbedeutende, G’schicht nur dazu benützen wollte, um ihn zu lupfen. Dass der Statthalter auf den Grund hin auf den Wunsch net eingegangen ist, ist nicht sehr verwunderlich, denn wo bliebe die Autorität der Re­ gierung, wenn die Bürger­ meistereien die Bezirkshaupt­ leut’ nur so nach Lust und Laune hin und her schieben könnten.“ Jenny schloss mit einer Empfehlung: „Jedenfalls ist der zumin­ dest begreifliche Widerstand der Regierung so lange koa genügender Grund, um die zwischen Bürgermeisterei und der ihm Vorgesetzten Statthal­ terei gewechselten Akten zu veröffentlichen, denn solche Sachen sind doch vertraulich zu behandeln.... Es ist hoch an der Zeit, zu ruhigeren Überlegungen zu­ rückzukehren und den Fah- nenelephanten wieder zu ei­ ner Mücke zu degradieren, als was er geboren worden ist.“ Der Vollständigkeit hal­ ber ist zu ergänzen: Franz Reisch legte im Herbst 1913 sein Amt als Bürgermei­ ster zurück, blieb aber Magi­ stratsrat bis 1919, er starb im Jänner 1920, erst 56 Jahre alt. Bezirkshauptmann Dr. Lill von Lilienfeld, verbheb bis März 1916 im Amt. Er wurde Ehrenbürger von Fieber­ brunn imd Brixen im Thale und starb im November 1942 in Innsbruck. ^etaitttWöttet«». 4/äOO» zialen bzw. der im Herbst Hochwohlgeboren dringend 1909 gegründeten Wirt­ nahe, mit dem Herrn Bezirks- schaftspartei) und „Kitzbü- hauptmann sobald als mög- heler Bote“ (seit 1899 erschei- lich wieder normale Bezie- nende Zeitung auf Seiten der teiligen, wenn der Statthalter statt des Bezirkshauptmanns die Vorstellung vornimmt. Auch wurde eine umfas­ sende „Denkschrift“ vorge­ tragen und einstimmig be­ schlossen. Darin stand u.a., dass der Herr Bezirkshaupt­ mann sich in seiner Stellung unfähig zeige und sich zu einem politischen Agitator herabwürdige. Denkschrift fordert rasche Abberufung Der Gemeindeausschuss sah die „bürgerliche Ruhe“ in der Stadt beeinträchtigt und stellte mit allem Nachdruck und Ernst das dringende Er­ suchen, dass eine tunlichst ra­ sche Änderimg in der Person des Leiters der k. k. Bezirks­ hauptmannschaft Kitzbühel eintrete. Für die Beschlussfassung der „Denkschrift“ wurde eine zweite Sitzung am gleichen Tag angesetzt. Ein Ausschuss­ mitglied beantragte, dem Bür­ germeister das vollste Ver­ trauen auszusprechen, was einstimmig geschah. Der Bür­ germeister dankte für die Vertrauenskundgebung und zeigte sich überzeugt, „im In­ teresse des Fremdenverkehrs und der gesamten selbststän­ dig denkenden Bevölkerung“ gehandelt zu haben. In einer Fremdenverkehrs­ konferenz bekundeten die Vertreter von 18 Gemeinden des Bezirks ihre Sympathie für den Bezirkshauptmann, was in der Folge Zeitungen und Organisationen zu scharfen Antworten veranlasste. Im Oktober übersandte der Bürgermeister dem Statthal­ ter von Tirol, Freiherr von Spiegelfeld, eine Denkschrift, in der „ um eine tunlichst ra­ sche Änderung in der Person des Leiters der k. k. Bezirk­ shauptmannschaft“ ersucht wurde. Der Statthalter antwortete, dass er die Fahnenaffäre für geschlossen ansehe und kei­ nerlei Veranlassung habe, eine Versetzung des Bezirkshaupt­ manns ins Auge zu fassen. Der Tiroler Grenzbote zi­ tierte: „Vielmehr lege ich Euer dumme Noch 1929 präsentierte sich der Jägerhof wenig verändert. Zeichnung von Max Krause. hungen herzustellen, wodurch sie die Ihnen anvertrauten In­ teressen der Stadtgemeinde jedenfalls besser zu wahren im Stande sein werden, als durch das seit einiger Zeit be­ obachtete grundlos animose Verhalten.“ In einem längeren Antwort­ schreiben hielt der Bürger­ meister die Vorwürfe aufrecht und verlangte neuerdings die Versetzung. Der freiheitliche Bürgerverein verfasste eine Resolution und erbat sich die zwischen Bürgermeister und Statthalter gewechselten Briefe zur Veröffentlichung. Der Deutsche Volksverein Innsbruck strich noch Mitte November „die mannhafte Haltung des Bürgermeisters und der deutschfreiheitlichen Bevölkerung als Verdienst für das ganze deutsche Volk in Österreich“ heraus. In diesem Sinne wurde eine Resolution verabschiedet. Der Zentralausschuss des Landesverbandes für Frem­ denverkehr beschloss im De­ zember eine scharfe Re­ solution „Fremdenverkehrsartikel“ des Bezirkshauptmanns In den Zeitungen „Kitzbüheler An­ zeiger“, gedruckt in Schwaz (Organ der Christlich-So- Fortschrittspartei bzw. der Deutschfreiheitlichen) wurde weiter gekämpft. Der V'orschlag einer satirischen Zeitung Der „l’iroler Wastl“, frei radi­ kale humoristisch-satirische Sonntagsblätter für Politik, Kunst, Leben (Herausgeber und Schriftleiter Rudolf Chri­ stoph Jenny), nahm in Nr. 506 am 14. November 1909 erst­ mals Stellung: „Die dumme Fahnenge­ schichte in Kitzbühel wird durch das ewige Aufwärmen net g’scheiter und für Kitzbü­ hel ganz gewiss net nützlicher, denn schließlich und endlich ist die Regierung doch stär­ ker als die Bürgermeisterei ei­ ner Landgemeinde. Der An­ lass zur ganzen G’schicht, die man schon bald einen Skan­ dal nennen kann, ist so nich­ tig als läppisch. Wenn der besagte Mann aber schon durchaus mit der preußischen Fahne hat auf­ fallen wollen, so hätte man ihm die Vordringlichkeit grad schon erlauben können und ihn net aufzufordern ge­ braucht, die Fahne vorzei­ tig einzuziehen. Das kann man kaum anders als einen ebenso vordringlichen Über­ einen gegen
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