Kitzbüheler Anzeiger

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1. Oktober 2009 15 Dr. Schöt'fLL.M.: Teil 1: Bauern land ir Jedermann - wer ist Interessent? Die Grundverkehrsnovelle 2009 Am 1. Oktober 2009 tritt die am 2. Juli 2009 beschlossene Novelle des Tiroler Grundver- kehrsgesetzes in Kraft. Kitzbühel 1 Mit dieter Novelle 2009 wird vor allem der Er- werb von land- oder forstwirt- schaftlichen Betrieben und land- oder forstwirtschaftli- chen Grundstücken umfassend neu geregelt. Folgende Neure- gelungen sind dabei besonders erwähnenswert: • Die Selbstbewirtschaftung und Residenzverpflichtung des Erwerbers eines and- oder forstwirtschafflichen Grund- stückes oder Betriebes besteht nicht mehr. Jeder Österreicher und dem gleichges:ellt jeder EU- und EWR-Bürger kann ein land- oder forstwirtschaft- liches Grundstück oder einen land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb kaufen, auch wenn er selbst nicht Landwirt ist. Auch Kapitalgesellschaften können nunmehr als Erwerber auftre- ten. Ein Erwerber, der selbst nicht Landwirt ist, hat jedoch die nachhaltige ordnungsge- mäße Bewirtschaftung der er- worbenen Grundstücke zu gewährleisten. • Ist der Erwerber eines land- oder forstwirtschaftlichen Grundstückes oder eines land- oder forstwirtschaftlichen Be- triebes selbst nicht Landwirt, so kommt nunmehr die völlig neu geschaffene „Interessen- tenregelung" zu tragen. Inter- essent kann nur ein Landwirt sein, dessen Betrieb im sehen Gemeindegebiet liegt wi das zu erwerbende Grundsiick oder die Entfernung zwischen seinem Betrieb und dem zu er- werbenden Grundstück nicht größer ist, als es im Hinblick auf die jeweilige Nutzungsart dieses Grundstückes betriebs- wirtschaftlich vert:etbar ist. Die Grundverkehrsbehörde wird künftig der Gemeinde in deren Gebiet die zu erw-erE.en- den Grundstücke liegen, Der Kundmachung das angehende Rechtsgeschäft übermitteln, und jeder Landwirt » dem die vorgenannte Interessentnei- genschaft zuerkannt wird, :ann ein verbindliches Angebot ei der Grundverkehrsbeh 'irde abgeben. Dieses verbindliche Angebot nimmt aber nich: im Sinne eines üblichen Vorkaufs- rechtes auf den im angeeig- ten Kaufvertrag ausg-i,eseilen Kaufpreis Bezug, sondern legt der Landwirt seinem verb:nd- lichen Angebot jenen Pre:s zu Grunde, der erst im Zuge des grundverkehrsbehördlichen Verfahrens durch einen Sa.:h- verständigen nach den Grund- sätzen des Liegenschftsbe wer- tungsgesetzes zu ermitteln ist. Die Grundverkenrsnovdle 2009 ist in den gesetzlichen Vorgaben in großen Teilen äu- ßerst unbestimmt and lässt wesentliche Fragen offen Das Gesetz gibt keine Auskunft da- rüber, was unter einer nachhal- tigen, ordnungsgemLißen Be- wirtschaftung eines land- oder forstwirtschafflichen Grund- stückes oder eines land- oder forstwirtschaftlichen Betrie- bes zu verstehen ist. Auch gibt das Gesetz keine Antwort auf die Frage, welche Entfernung von dem Betr:eb eines interes- sierten Landwirtes zu dem zu erwerbenden Grundstück im Hinblick auf die jeweilige Nut- zungsart dieses Grundstückes betriebswirtschaftlich vertret- bar ist. Hier wird der Grund- verkehrsbehör le ein weites Er- messen eingeräumt, welches noch an den B estimmtheitskri- terien des v€rfassungsgesetz- lich verankerten Rechtsstaats- prinzips zu prüfen sein wird. Im Hinblick auf die aus der Ge- richtspraxis becannten Schwie- rigkeiten einet objektiven Er- mittlung eines ortsüblichen Preises für ein Land- oder forst- wirtschaftliches Grundstück oder einen land- oder forst- wirtschaftlichen Betrieb nach den Grundsät;en des Liegen- schaftsbewerturigsgesetzes darf nicht nur mit langen Verfah- rensdauern, so adern auch mit erheblichen Verfahrenskos- ten gerechnet werden. Dass der Veräußerer eines land- oder forstwirtschaffl Lehen Grund- stückes oder enes land- oder forstwirtschaffl:chen Betrie- bes letztendlich tatsächlich ei- nen nach dem Liegenschafts- bewertungsgestz ermittelten Preis annehmen muss, da er ansonsten seir e Liegenschaft bei Auftreten e.nes interessier- ten Landwirtes iberhaupt nicht verkaufen kanrL, verletzt wohl das verfassungsgesetzlich ge- währleistete Recht auf Freiheit des Eigentums. Dies schon im Hinblick darauf, dass bereits der zwischen dem Veräußerer und dem Erwerber im ange- zeigten Kaufvertrag ausverhan- delte Kaufpreis der grundver- kehrsbehördlichen Prüfung der - nach wie vor - bestehen- den Genehmigungsvorausset- zung unterliegt, demnach die vereinbarte Gegenleistung den ortsüblichen Preis um nicht mehr als 30 Prozent überstei- gen darf. Dass der interessierte Landwirt nicht zumindest ein Angebot zu diesem die Ge- nehmigungsvoraussetzung der Grundverkehrsbehörde ohne- dies zu erfüllenden Kaufpreis zu stellen hat, sondern davon völlig losgelöst erst ein Preis nach dem Liegenschaftsbewer- tungsgesetz ermittelt wird, ist nicht nachvollziehbar und er- scheint nicht sachgerecht. Be- sonders pikant wird das Inter- essentenmodell werden, wenn sich mehr als nur ein Landwirt als Interessent bei der Grund- verkehrsbehörde anmeldet. Das Gesetz gibt für diesen Fall jedenfalls keine Verfahrensre- gel vor. Die Grundverkehrsno- velle 2009 wird nach Ansicht des Autors noch viele Juristen beschäftigen. Advokatur Dr. Herbert SchöpfLL.M. Rechtsanwalt-GmbH Arkadenhof. Innsbruck Jochbergerstr. i8 • Kitzbü hei Tel. 00431(0)5356 / 639270 advokatur@jdr-schoepfat
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