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IitrnftbcIcv ißeimatblitter etmntb«ttt«' Wir. 1009 stes von 13 Kindern von Ge- org und Eva Peuger in Kös- sen geboren. Sein Onkel Matthias war Hofkaplan des Bischofs von Chiemsee und zuletzt Geistlicher Rat und Pfarrer in Söll, die Brüder Matthias (1765 - 1809, zu- letzt Benefiziat in Aschau im Spertental) und Johann (1778 -1835, zuerst Subregens des Priesterhauses in St. Johann, wirkte 24 Jahre als Dekan in Schlanders im Vinschgau) folgten ihm im Priesterbe- ruf nach, waren aber - wie auch der auch aus Kössen stammende langjährige De- kan von St. Johann Matthias Wieshofer- Weltpriester. Der Pfarrer wechselte mehrmals die Seiten Johann Poiger trat nach einem Rechtsstudium in das Chorherrenstift Reichenhall ein, nahm den Ordensnamen Benedikt an und feierte 1778 in Kössen seine Primiz. Die beruflichen Stationen waren Professor und Bibliothekar, dann fast ein Jahrzehnt Pfar- rer im Stift, Professor der Phi- losophie am Lyzeum in Mün- chen mit einem umfassenden Vortragsbereich, bis er 1796 den Wunsch äußerte, in den Weltpriesterstand zu wech- seln. Das Stift wollte aber das schon bekannte Konventmit- glied behalten, schickte ihn zur Kur in Besitzungen in Krems und ermöglichte einen längeren Aufenthalt in Wien. Nach dem Abschluss weiterer Studien der Theologie in Inns- bruck erhielt Poiger die Stelle des Vikars in seinem Heimat- dorf. Die nächste Station war als Pfarrer in Kirchdorf. Dort zeigte er ein bemerkenswertes Engagement als Bauherr und als Seelsorger. In den poli- tischen Wirren wechselte er offenbar mehrmals die Seiten, was ihm den Ruf eines Op - portunisten eintrug. Er wurde sogar als Verfasser eines Na- poleon-freundlichen Gedichts vermutet. Bei Andreas Hofer verklagt Als einziger Geistlicher des Dekanats verbreitete er Ende Juni 1809 den Auf-uf von Bi- schof Graf Zeil von Chiem- see an die Tiroler, die Waf- fen niederzulegen. Nach der Katastrophe für Pfare und Dorf im Mai hatte er davon vermutlich eine größere Un- terstützung durch cas Ku- nigreich Bayern ei-wartet. Er wurde aber deswegen bei An- dreas Hofer angeklagt, und es fehlte nicht viel, dals er als Gefangener abgeführt worcen wäre. Im Jahr i8ii arrangierte P3:- ger eine Vorstellung der K:n- der von Kirchdorf und Eip- fendorf vor dem bayischen Kronprinzenpaar, das auf cer Fahrt von Innsbruck na:h Salzburg im Gasthof Habach kurz verweilte. De: Pfarrer erreichte in diesem Talir en lich einen. Vorschuss vorn bayr:s:hen Finanzministe- rium für den Wiederauf- bau ds Pfarrhofs. Der Vor- anschlag belief sich aber auf weit mehr als das Doppelte der bewilligten Summe. Mög- lich war die Zahlung, weil der bayrice König von Stift Rei- chenha] das Patronat über- nommcn hatte. Um aus den anhaltenden Sorgen m den Wiederauf- bau d2r Kirche und des Pfarr- hofs zu kommen, bewarb sich Poiger 13 um die Vorstadt- pfarre St. Anna in München, nach zwölfjährigem Wirken ließ er sich pensionieren. Er starb 182 in St. Anna. Fruchtbarer Schriftstel- ler und scharfer Kritiker Benedkt Johann Poiger ist zu Unrecht der Vergessen- heit anheim gefallen. Er war - vergleichbar dem eben- falls aus Kössen stammenden Zeitgenossen Dekan Wiesho- fer in St. Johann - ein sehr gebildeter Mann. Poiger ent- wickelte eine umfangreiche schriftstellerische Tätigkeit, in welcher er 33 mehr oder we- niger ausführliche Werke und Abhandlungen zum Druck brachte. Er öffnete sich neuen Strömungen und war wand- lungsf'ähig, So dass er dem Be- ginn der Französischen Revo- lution zugejubelt hatte, aber auch seine Schriften teilweise von einem scharfem aufkläre- rischen Geist geprägt waren. Die erste Pflicht des Staates sei es, die Menschen zu glück- lichen Staatsbürgern zu ma- chen. Dabei komme dem Seelsorger, der sich in beson- derem Maß für Bildung ein zusetzen habe, eine große Rolle zu. 1786 regte Poigcr eine „ Armenleutebruder- schaft" an, die sich aber we- sentlich von den zahlreichen bisherigen Bruderschaften unterscheiden sollte, denen es um Ablässe, Andachten und besondere Messen ging. Armenleutebruder- schaft gegründet Poiger schlug vor, Arrnenbrü der und Armenschwestern zu bestellen, welche die Notlei- denden ausforschen, Hand- werker, Künstler und Ge- werbsleute sollten bisweilen bestrebt sein, unentgeltlich ihre Dienste für Arme zu lei- sten. Einmal im Monat sollte in der funktionärslosen Ge- meinschaft beraten und ano- nym gespendet werden. Die Armenleutebruderschaft" erhielt bald die erzbischöf - liche Bestätigung. Durch seine intensive schriftstellerische Tätigkeit spielte Poiger in der gesam- ten süddeutschen Aufklä- rung eine bedeutende Rolle. Seine Auffassung und seine Haltung dürften ein Beispiel für die Ansichten vieler sei- ner Zeitgenossen im Prie- steramt gewesen sein. An der katholischen Heiligenvereh- rung hatte er viel zu tadeln, in Wallfahrtsorten sah er „Brut- 4? ' (/ ih- vr rin 1 Tiun !n(fwrtnIr • 1 Q Dft L11 IY 11 11, 1 it n ie kiit C irHli wonlu r F LI UU41 ! DII IUII fPfl • NL- I(U IIikvfr1r * Grabstein für Pfarrer Anton BreitenIechne ar, der Pfarrkirche Küssen Foto: Veronika Harlander
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