Archiv Viewer
Ausgabe im Vollbild öffnen
Zurück zur Übersicht
12 Wirtschaft Ausgabe 7 Direktor Lechner berichtet über Zusammenhänge zwischen der Finanzkrise und der restriktiven Vergabe von Krediten Kreditverknappung durch Finanzkrise 9 , In zahlreichen Presse- mitteilungen wird derzeit über eine zunehmend restriktivere Kreditver- gabe der Banken an Unternehmen und private Haushalte seit Beginn der Finanzmarktturbu- lenzen berichtet. Kitzbühel 1 Experten war- nen vor einer Kreditklemme und deren negativen Aus- wirkungen auf die ohnehin bereits geschwächten Volks- wirtschaften. Wie es zu einer Kreditklemme kommt und ob diese auch Auswirkungen auf die Kreditvergabepolitik der RaiffeisenBank Kitzbü- hel hat wird im folgenden Interview mit Herrn Dir. Jo- hannes Lechner, Geschäfts- leiter und Verantwortlicher für den Firmenkundenbe- reich, erläutert. Anzeiger: Herr Dir. Lechner worin sehen Sie eine mögliche Ursache für das Entstehen ei- ner Kreditklemme? Dir. Lechner: Den Aus- gangspunkt bildeten die Turbulenzen an den inter- nationalen Finanzmärkten, welche im Sommer 2007 von Produkten ausgelöst wurden, die mit US-amerikanischen Immobilien-Krediten (,‚Sub- prime-Krise") unterlegt wa- ren. Durch den Konkurs der Investmentbank Lehman Brothers, welche eine be- deutende Rolle im Kredit- derivate- und Swap-Markt- Handel spielte, und die sich daraus resultierenden Ver- luste für viele Banken, spitzte sich die Lage an den Finanz- märkten zu. Die Unsicher- heiten über den eigenen Li- quiditätsbedarf und die gestiegenen Befürchtungen über die mangelnde Kredit- würdigkeit anderer Markt- teilnehmer führen seitdem dazu, dass Banken Geld nur sehr kurzfristig oder gegen hohe Sicherheit verleihen bzw. die vorhandene Liqui- dität horten. Infolgedessen wurde die kurzfristige Liqui- dität auf den Geldmärkten knapp und bei längeren Lauf- zeiten vollkommen „aus- getrocknet". Nachdem sich viele Banken über den Geld- markt refinanzieren müssen, kann dies eine mögliche Ur- sache für eine restriktivere Kreditvergabepolitik jener Banken sein. Direktor Johannes Lech- ner, RaiffeisenBank Kitzbühel. Foto: Kitzbüheler Fotohaus Anzeiger: Sehen Sie noch ei- nen weiteren Verursacher für die Kreditverknappung? Dir. Lechner: Einen wei- teren Auslöser für die ein- geschränkte Kreditvergabe könnte der Verfall der Ak- tienkurse darstellen. Die- ser verschlechtert die Er- tragslage vieler Banken und führt zu großen Einbrüchen im - insbesondere für Groß- banken bedeutenden - In- vestmentbanking. Da der Aktienkursverfall auch die Eigenkapitalausstattung der Banken beeinflusst, welche durch Basel II mit einer Min- desthöhe festgelegt wurde, könnte dies ebenso eine Ur- sache für die zögerliche Ver- gabe von Krediten sein. Anzeiger: Wie verhält sich die RaffeisenBank Kitzbü- hei bei der Neuvergabe von Krediten? Dir. Lechner: Die Raiffei- senBank Kitzbühel sieht sich als Partner der heimischen Wirtschaft und zeichnet sich durch die Kooperation mit ihren Kunden - auch in tur- bulenten Zeiten - aus. Durch unsere Eigenständigkeit und durch j ahrzehntelanges Wir- ken im regionalen Gebiet sind die Auswirkungen der internationalen Finanzkrise auf unser Bankinstitut nicht unmittelbar maßgeblich. Durch den Grundsatz „Ma- che nur Geschäfte, die du auch nachvollziehen kannst und verstehst" hat sich die Bank eine solide Basis im Einlagen- und Ausleihungs- geschäft erwirtschaftet. Dank der Einlagen unserer Kunden stellt sich die Pro- blematik der Liquiditätsbe- schaffung nicht. Aus diesem Grund sehen wir keine Not- wendigkeit, mit der Vergabe von Krediten an Unterneh- men restriktiver zu werden. Anzeiger: Gibt es durch Basel II Regelungen, die die Vergabe von Krediten beeinflussen? Dir. Lechner: Allerdings! Mit der Einführung des Basel-II-Regelwerks - an das sich alle Kreditinstitute in der EU halten mtissen - wurde der „oberflächlichen" Vergabe von Krediten be- reits Einhalt geboten. Durch die Verpflichtung, sich vor Kreditvergabe einen Über- blick über die wirtschaft- lichen Verhältnisse des Kre- ditnehmers zu schaffen (Erstellung eines Kundenra- tings), wird eine umfassende Information über den Kun- den notwendig. Auf Basis dieses Zahlenmaterials kann die Identifizierung von Ri- siken sowie die daraus resul- tierende Kreditentscheidung fundiert getroffen werden. Dies wiederum auch zum Schutze unserer Sparer. Anzeiger: Wie schaut Ihre Prognose für die nächsten Jahre aus? Dir. Lechner: Wie die ak- tuellen Konjunkturparame- ter zeigen, hat sich die Kon- junktur seit Mitte des Jahres 2008 eingetrübt. Insbeson- dere die nächsten beiden Jahre werden für die Un- ternehmen eine Herausfor - derung. Die Auswirkungen der internationalen Finanz- krise und der Konjunktur- abschwächung werden aber nicht alle Branchen zum sel- ben Zeitpunkt und im selben Ausmaß treffen. Positiv ist, dass durch die Politik Im- pulse zur Konjunkturbele- bung gesetzt werden. Anzeiger: Und wie können sich Unternehmen auf die Zu- kunft vorbereiten? Dir. Lechner: Angesichts der aktuellen turbulenten konjunkturellen Situation zeigt sich, dass es wichtig ist „Ordnung im eigenen Haus" zu halten. Dies betrifft nicht nur die Erstellung möglichst aktueller Jahresabschlüsse sondern auch ein vermehrtes Augenmerk auf struktu- rierte Planungsunterlagen in Form von Budgets zu ha- ben. Einerseits sind diese vor allem für die Geschäfts- führung wichtig und ander- seits erleichtern sie den Ban- ken die Kreditentscheidung bei eventuellen Neuinvesti- tionen oder Prolongationen bestehender Kreditverträge. Anzeiger: Abschließend - möchten Sie unseren Lesern noch etwas mitteilen? Dir. Lechner: Ich glaube, dass wir durch unsere Ge- schäftsphilosophie, welche einen partnerschaftlichen Umgang mit unseren Kun- den beinhaltet, auch diese turbulenten Krisenzeiten überstehen werden. Anzeiger: Vielen Dank für das Gespräch!
< Page 14 | Page 16 >
< Page 14 | Page 16 >