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Heimatblätter Nr. 2/2010 Kitzbüheler Heimatblätter dessportkommissär Steineg- ger. Die Fürstin hatte mit den Worten „ Ich taufe dich, Oe – Toni, Glück ab, gut Land“ eine Flasche Sekt über den Bug ge- halten, die der Gruppenführer mit einem Hammer zerschlug. Auch Baron Rothschild spendete Fürst Kinsky spendete nicht nur selbst einen namhaten Betrag für die Gruppe, son- dern animierte auch einige anwesende Aristokraten zu Förderbeiträgen. Prinz Fer- dinand von und zu Liechten- stein gab 300 S, Baron Louis Rothschild 100 S. Am Abend trafen sich die Segellieger mit ihren Gönnern und Freunden im Vereinshaus zu einem Kränzchen mit der Kapelle Huschka. Der bei der Taufe von Griß- mann ausgesprochene Wunsch, dass recht viele Burschen der Gruppe beitreten mögen, da- mit in Kitzbühel eine kleine Fliegergeneration erstehe, die, wenn es sein muss, ihr Leben einsetzt für das Vaterland Ös- terreich erfüllte sich nicht. In anderen Gruppen dominierten bereits illegale Nationalsozia- listen, die bald als NSFK-Sturm im Nationalsozialistischen Flie- gerkorps aktiv wurden. Das Kränzchen im Vereins- haus wurde für den vom Aero Club zur Flugdemonstration entsendeten Anton Kahlba- cher schicksalhat. Der sehr erfolgreiche Segellieger ver- liebte sich in die Sekretärin Marianne homa, die Schwe- ster eines Fliegerkameraden. Sie heirateten im August 1939. Für den ersten Flugtag der Kitzbüheler Gruppe wurde der Segellieger mit einem Pferdefuhrwerk nach St. Jo- hann gebracht. Am 6. März wurden 32 Schullüge von mehreren begeisterten Mit- gliedern absolviert. Unmittelbar nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten brach die Katastrophe über die G ruppe herein. Schon am 14. März wurde jede weitere Tätigkeit verboten. Das Flugzeug, das Bargeld, die Werkstätte, die Pläne und d as gesamte Mate- rial wurden beschlagnahmt. Beschlagnahme, Auflösung und V erbot Die ehemalige Gruppe 702 in St. Johann, nunmehr ein NSFK- Sturm, erhielt den Autrag, die Kitzbüheler Gruppe zu liqui- dieren. Gruppenführer und Schritführer mussten, obwohl schon alles beschlagnahmt war, die Werkstatt und das Inventar persönlich übergeben. Im Sommer 1938 wurde Leh- rer Grißmann nach Söll ver- setzt. Dort reaktivierte er eine Fliegergruppe, besuchte im Sommer 1939 weitere Kurse und konnte das Schulungslug- zeug aus Kitzbühel nach Söll bringen. Er log eines Sonn- tags zur Freude seiner Kame- raden und der Bevölkerung damit über das Dorf. Leider ging „Toni“ bald zu Bruch. Erst im September 1939 wurde die Segelliegergruppe Kitzbühel amtlich aufgelöst, im Vereinsregister gelöscht und das Bargeld zu gleichen Teilen zwischen dem NS- Stillhaltekommissär und dem NSDAP- Gau Tirol- Vorarl- berg aufgeteilt. Robert Munz, Karl Verklärer und Toni Kahlbacher (von links) starteten am Hahnenkamm zu einer Flugdemonstration. Literatur: Chronik der Segellie- gergruppe 704 von Karl Grißmann Kitzbüheler Nachrichten, 1937/38 Tiroler Anzeiger, 1938 Frau Veronika Grißmann und Herr Mag. Peter Grißmann s tellten freund- licher Weise die in der Fa- milie erhaltene Segellie- gerchronik, die der Vater nach dem Krieg ergänzt hatte, zur Verfügung. Karl Grißmann – Bergsteiger und Segelflieger, Berufsschuldirektor und Lokalpolitiker Kämpferisch, ausdauernd, erfolgreich Karl Grißmann (1910 – 1989) genoss als Lehrer und Schuldirektor und durch seinen Einsatz in der Pfarre, in der Gemein- de und in Vereinen und als Sportler bis ins hohe Alter hohe Anerkennung. Karl Grißmann, geboren in Bozen und Südtirol zeitle- bens verbunden, aufgewach- sen in Dölsach, zuerst durch zwei Jahre Lehrer in Hopf- garten, wurde 1932 an die von Much Wieser geleitete Volksschule Kitzbühel ver- setzt. Durch seinen Schuldi- rektor, der bald zum Kletter- kameraden wurde, kam er zur Edelweißgilde, der Vereini- gung der damals vor allem im Kaisergebirge tätigen Kitzbü- heler Extremkletterer. Griß- mann gelang die Erstbege- hung des Kreuztörlturms ü ber die direkte Südostkante (1936) und die erste Abfahrt durch die Steilrinne am Kleinen Pölven (1940). Insgesamt be- zwang er bei etwa 900 Touren über 1.000 G ipfel. Die Gilde nützte Griß- manns Schreib- und Zeichen- talent und machte ihn zum Schritwart, der über Jahr- zehnte meisterhat die „Gil- denbücher“ gestaltete und schließlich auch die Jubilä- umsschrit „50 Jahre Edel- weißgilde“ in mühevoller A r- beit zusammenstellte. Die Gilde dankte mit dem Gol- denen Ehrenzeichen. Das Jahr 1938 unterbrach die Tätigkeit Grißmanns in Kitzbühel. Der Exponent des bedingungslos Österreich- Von Hans Wirtenberger OSR Karl Grißmann (1910-1989) Foto: Werner Nessizius
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