Kitzbüheler Anzeiger

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Heimatblätter Nr. 3/2010 Kitzbüheler Heimatblätter Der Gesamteindruck auch fast 50 Jahre nach dem Tod des Künstlers bleibt für Martin Ehn. Er lebte sehr zurückgezo- gen, war freundlich und nett. Frühmesse am 90. Geburtstag Seinen 90. Geburtstag feierte Prof. Kempf mit dem Kirch- gang zur Frühmesse um 6 Uhr in der Pfarrkirche. Bei schönem Sommerwet- ter begrüßte er am Vormit- tag die Gratulanten auf der Hausbank von Achrain, die in die festlich geschmückte Bauernstube gebeten wur- den. Da sein Gehör nicht mehr zum Besten war, wurde auf Ansprachen verzichtet. Zu Mittag war Prof. Kempf Gast von Ruth Albano- Mül- ler auf dem Hof Trummern in Going. Schritliche Glück- wünsche sandten u. a. die Kunstverwaltung des Unter- richtsministeriums, die Stadt Wien, der Tiroler Kulturrefe- rent Prof. Hans Gamper und Landtagspräsident Johann Obermoser. Im Alter war der Postbe- amte Josef Wolf der häu- igste Besucher des Künstlers, der nie den Humor verlor. Freundlich lächelnd und n ach allen Seiten grüßend, so be- hielten ihn die Kitzbüheler in Erinnerung. Bis an sein Le- bensende malte und zeich- nete Prof. Kempf. Nach nur vier Tagen Krankenlager starb er am 17. März 1 964 im Stadt- spital im 93. Lebensjahr. Der Wahlkitzbüheler wurde auf dem Bergfriedhof zu Grabe getragen. Meine Eltern hatten 1938 ge- heiratet und Prof. Kempf sehr bald nach dessen Übersied- lung nach Kitzbühel 1939 ken- nengelernt. Dies wohl deswe- gen, weil Prof. Kempf sehr ot von Achrain über den Leben- berg in die Stadt ging und am Mesnerhaus, dem Elternhaus meiner Mutter, vorbeikam, als auch aus dem Umstand heraus, dass der Bereich Le- benberg – Achrain Ziel zahl- loser Spaziergänge meiner El- tern war und zeitlebens auch blieb. Diese musste ich (Jahr- gang 1948) – meinem dama- ligen Lebensalter angepasst ot unwillig – mitmachen, vor allem sonntags. Wir besaßen kein Auto, das Bichlach von Süd nach Nord und manchmal – nach Benützung des Postau- tos bis Oberndorf – auch von Nord nach Süd wurde unzäh- lige Male durchwandert. „Milchhaut“ auf dem Nachmittagskaffee Ziel der Wanderung war im- mer wieder der Hof Achrain, in dem Prof. Kempf wohnte. Die Unterhaltungen mit ihm waren für mein damaliges Ge- fühl endlos lang. Sie begannen in der im Parterre gelegenen großen Küche. Dort waren die Bauersleute ebenso ot zuge- gen wie die Haushälterin von Prof. Kempf, Agnes Janecek, und häuig auch das Ehepaar Gisela und Hans Szekulicz, das im Haus wohnte. Das Kafeetrinken habe ich deswegen in wenig guter Er- innerung, weil immer so lange zugewartet wurde, bis sich eine Milchhaut gebildet hatte. Milchhaut war für mich die Hölle, Prof. Kempf und mein Vater liebten dieses Produkt der thermischen Gerinnung - für mich völlig unvorstell- bar. Da nur ein Zuckerlöf- fel am Tisch war, getraute ich mir nicht, diesen zu nehmen, um durch Rühren die Bildung der Milchhaut zu verhindern. Erst recht wagte ich nicht, mit dem Trinken zu beginnen, be- vor sich die Milchhaut bilden konnte. Agnes Janecek, eine von Prof. Kempf aus Wien mitge- brachte „böhmische Köchin“, passte in die schon damals gültige allgemeine klischee- hate Erinnerung an diese dienstbaren Geister. Sie ist mir als gutmütige, den Kochlöfel schwingende, weißhaarige alte Frau in Erinnerung (Jahrgang 1879). Ihre hervorragende Kochkunst wurde von Prof. Kempf immer gelobt. Zwar nahezu 10 Jahre jünger als Kempf, aber zum ersten Zeit- punkt meiner bewussten Erin- nerung doch schon Mitte 70, musste sie wegen angegrifener Gesundheit immer wieder das Bett hüten. Prof. Kempf – mei- ner Erinnerung nach nie er- kennbar schlecht beisammen - jammerte ot meiner Mutter vor, dass die Agnes schon wie- der im Bett sei, dabei „ist sie ja viel jünger als ich“. Sie wies bei solchen Gelegenheiten da- rauf hin, dass auch Agnes Ja- necek schon auf die 80 zugehe. Kempf hatte dafür allerdings kein Verständnis. Bei Agnes Janecek ist mir bestens in Erinnerung, dass sie nur gebrochen Deutsch mit starkem böhmischen Akzent sprach und nach Erwähnung von Prof. Kempf allerdings auch nicht mehr allzu gut tschechisch konnte. Die Un- terhaltung mit ihr war eher ein Kauderwelsch, Prof. Kempf erwähnte, dass die zitierte Ei- genschat vielen böhmischen Köchinnen zu eigen wäre (ge- rade in Kitzbühel kann man in der jüngeren Vergangenheit am Beispiel von nach Ame- rika gegangenen Skilehrern bei Heimatbesuchen ähnliches feststellen). Die Zeit nach dem Tod von Agnes Janecek habe ich als sehr traurig in Erinnerung, zu Achrain fehlte einfach die Agnes. Schon in der Zeit zu- vor, aber besonders von 1960 Achrain und Lebenberg im Rückblick des Stadtamtsdirektors niedergeschrieben im März 2010 Die böhmische Köchin auf Achrain Von Dr. Vitus Grünwald Bildnis „Sonniges Wesen“ (Anna Grünwald, 1944). Widmung auf der Rückseite „Aus dem Anlass der Heimkehr ihr es Gatten aus dem schrecklichen Kriege.1946.“
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