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Aktuell 4 Ausgabe 6 Das österreichische S chul- system steht seit einiger Zeit wieder sehr im me- dialen Zentrum. Von der zuständigen M inisterin Gabriele Heinisch-Hosek angedacht ist, Schulen mit einer Mindestschülerzahl von 300 Sekundarschüler zu schließen. Nun ge- rät das österreichische Bildungssystem durch einen Bericht durch den Rechnungshof wieder in die „Schusslinie“. Die Aus- gaben für S chulversuche seien zu hoch. Tirols Bildungslandesrätin Beate Palfrader sprach mit dem Kitzbüheler Anzeiger über die Bildungspolitik und die Zukuntsaussichten. Frau Dr. Palfrader, als zu- ständige L andesrätin, w ie se- hen Sie diese Situation? Die einzelnen Schulversuche müssen vom Bundesministe- rium für B ildung und Frauen genehmigt werden. Grundsätzlich g ilt, dass Schul- versuche nur genehmigt werden, wenn sie „kostenneutral“ geführt werden können. D amit ist ge- meint, dass dafür v om Minis- terium keine zusätzlichen Res- sourcen zur Verfügung g estellt werden. Dies bedeutet, dass die benötigten Ressourcen von den betrefenden Schulen aus dem ihnen insgesamt zur Verfügung stehenden Werteinheiten-Kon- tingent abgedeckt werden müs- sen. Dem Bund entstehen daher aus der Führung der Schulver- suche direkt keine Zusatzkosten. Die Kritik des Rechnungshofes kann sich daher eigentlich nur auf den Verwaltungsaufwand beziehen, der durch die Bean- tragung und Genehmigung von Schulversuchen entsteht. Es gibt schon seit - sagen wir mal fast Jahrzehnten - Schul- versuche. War bzw. ist dies nur eine Abhandlung um wirkli- che Reformen zu vermeiden? Schulversuche verfolgen den Zweck, Neues zu erproben. Wenn sie sich über eine aus- reichend lange Zeit bewährt haben, wäre e s sinnvoll, sie in das Regelschulwesen überzu- führen, und dies i st aus Sicht des Landesschulrates höchst wünschenswert. Die Z ustän- digkeit dafür liegt a llerdings beim Ministerium. Warum das Ministerium eine solche Viel- zahl an Schulversuchen über Jahrzehnte immer wieder ge- nehmigt, sie aber nicht ins Re- gelschulwesen übernimmt, i st nicht nachvollziehbar. Ein Bei- spiel für e inen solchen bewähr- ten Schulversuch ist etwa der verplichtende Ethikunterricht für S chüler/innen, die k einen Religionsunterricht besuchen. Das Bildungsniveau ist in Österreich l aut Pisa-Stu- die nicht gerade hoch ge- legt. Worin sehen Sie hier Verbesserungsmöglichkeiten? Grundsätzlich i st in Zusam- menhang mit der PISA-Stu- die festzuhalten, dass es sich um eine standardisierte Leis- tungsstandmessung am Ende der Plichtschule in drei Kom- petenzbereichen (Lesen, Ma- thematik und Naturwissen- schaten) handelt. Es handelt sich um eine stichprobenartige Testung von Schülerinnen und Schülern, deren Ergebnisse für einen internationalen Vergleich und als Basis für die B ildungs- debatte verwendet werden. Allerdings ist Vorsicht bei der Verwendung der Daten bzw. Ergebnisse geboten, denn man darf nicht außer A cht lassen, dass PISA sich einerseits auf die genannten drei Kompetenzbe- reiche beschränkt und l ediglich einen bestimmten Typus, näm- lich die Testfähigkeit, zum Maßstab d er Bildung macht. Darüber hinaus müssen die Ergebnisse an sich diferenziert be- trachtet werden: Öster- reich lag beispielsweise 2013 in Mathematik signiikant über d em OECD-Schnitt, in den Naturwissenschaten im OECD-Schnitt und im Le- sen darunter. Bildung bzw. das, was das Bildungsniveau ausmacht, ist jedoch viel mehr. Bildung in ihrer ganzen Komplexität und Breite ist nicht durch einen Test wie PISA (oder ein ähnliches Instrument) festzumachen, da kann das quantitative Daten- material noch so schön a ube- reitet sein. Interessant im Zu- sammenhang mit der Frage nach dem Bildungsniveau sind ja die Wirkungen des Schul- systems, die eigentlichen Ziele des Bildungssystems: gute Be- schätigungschancen, E inkom- men, soziale Integration, Teil- habe am gesellschatlichen und politischen Leben, Gesundheit und eine zufriedene Lebensfüh- rung. Geringe Arbeitslosigkeit oder das am Arbeitsmarkt erziel- bare Erwerbseinkommen kön- nen beispielsweise als In- dikatoren für die Qualität von Bildung herange- zogen werden. Hier steht Öster- reich im in- terna- tio- nalen Vergleich gut da. Es ist unbestritten, dass es Verbesserungspotential gibt und – alleine aufgrund der gesell- schatlichen Entwicklung(en) – immer geben wird. Es ist ebenfalls unbestreitbar, dass Bil- dungsforschung ganz wesent- lich für e ine fundierte Schulent- wicklung ist, allerdings genügt PISA diesem Anspruch nicht, da hier nur ein kleiner Ausschnitt an Schülerleistungen zu e inem bestimmten Zeitpunkt gemes- sen wird. Trotzdem können die Ergebnisse natürlich e inen wert- vollen Beitrag zur Bildungsdis- kussion leisten und Motor für Schulentwicklung in bestimm- ten Bereichen sein. Verbesserungspotential orte ich beispielsweise im Bereich frühkindlicher Förderung, dem Ausbau der Ganztagesbetreu- ung, einer optimierten Berufs- bzw. Schulorientierung zu, da- mit sich Kinder ihren Neigungen und Talenten entsprechend entwickeln und ihre Per- sönlichkeit entfalten kön- nen. Ziel einer qualitativ hochwertigen Bildung sind neben dem Erwerb der Grundkompeten- zen (sinnerfassen- des) Lesen, Schrei- ben und Bildungslandesrätin B eate Palfrader sprach mit dem Kitzbüheler A nzeiger über d as österreichische B „Leistungen unserer Schulen weder schön r
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