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14 Ausgabe 8 Kultur & Sz ene Fritz Orter hat mehr ge- sehen, als dem normalen Nachrichtenkonsumen- ten zugemutet werden kann. Über dreißig Jahre lang war der Journalist in den Krisenregionen der Welt unterwegs. Hat dem Elend ins Auge geblickt. Dem Kitzbüheler A nzeiger erzählt er ein w enig über sein Leben im Krieg und warum er Kriegsrepor- ter geworden ist. Am 25. Februar kommt er zu einer Lesung nach St. Johann. Herr Orter, jetzt sitzen Sie auf der anderen Seite - ist es ungewohnt für S ie, wenn über Sie berichtet wird? Ungewohnt ja, wenn man jetzt zum Interviewten wird, aber mich freut es, dass meine Arbeit (nicht meine Person) nicht ganz vergessen wird. War um w ird man Kriegsreporter? Ich hab mich nie als Kriegsre- porter gesehen. Ich wollte jenen eine Stimme geben, die in Krie- gen keine haben: Den Opfern. Darf man sich als Reporter im Kriegsgebiet frei bewegen oder wird man an die Schau- plätze „ geführt“? Es ist heute doch so, dass z.B. im Irak, in Syrien oder in an- deren brandgefährlichen Regi- onen kein westlicher Journalist mehr arbeiten kann. Reporter sind Freiwild. Die Propaganda der Kriegs- parteien versucht immer Repor- ter für i hre Zwecke zu instru- mentalisieren. Ich hab immer wieder versucht, mit meinen Mitarbeitern unabhängig zu recherchieren - das machte die Arbeit ot lebensgefährlich. Wie verständigten s ie sich? Hatten Sie immer Dolmet- scher dabei? Natürlich! O hne Dolmetscher und vertrauenswürdige M itar- beiter vor Ort ist unsere Arbeit unmöglich. Was wird Ihnen immer in Erinnerung bleiben? Es sind zu viele Erinnerun- gen, die nie vergehen. Im Spi- tal für k rebskranke Kinder in Basra im Südirak, während des Irakkrieges eine fünjährige zu ilmen, deren Mutter ihr die Schmeißliegen a us dem Ge- sicht verscheucht, während die Augen der kleinen verfaulen - so was vergisst du nie... In ihrem Buch beschreiben Sie Szenen, die einen erschau- dern lassen. Inwieweit darf man als Kriegsreporter noch „Mensch“ se in? Die einzige Rechtfertigung für diesen J ob ist der Respekt vor dem leidenden Mitmen- schen und das Mitfühlen m it seinem Leid. Wenn jemand wie Sie, so viel Grauen gesehen hat. Kann man das überhaupt verarbeiten? Man muss es verarbeiten, wenn man daran nicht selber zugrunde gehen will. Glauben Sie, dass es ein- mal eine Welt ohne Krieg ge- ben kann? Leider nein. Kriege wird es immer geben. Zum Glück w erde ich die fürchterlichsten, die uns in diesem Jahrhundert noch weiter entmenschlichen, nicht mehr erleben. Ich habe ihr Buch in einem Stück gelesen. W erden Sie wei- tere Bücher s chreiben? Ja, es sind einige im Kopf schon geschrieben. Da sind wir gespannt. Was wünschen S ie sich für die Zukunt? Mir und meinen Liebsten Gesundheit und ein erfülltes Leben. Am Mittwoch, 25. Februar, liest Fritz Orter aus seinem Buch „Ich weiß n icht, warum ich noch lebe“ in der Alten Gerbe- rei in St. Johann. Beginn ist um 19.30 Uhr. Einlass ab 18.30 Uhr. Wegen des großen Interesses wird eine Reservierung drin- gend empfohlen: info@litera- turverein.at. Johanna Monitzer Der bekannte Journalist Fritz Orter im Gespräch m it dem Kitzbüheler A nzeiger „Erinnerungen, die nie vergehen“ Daten & Fakt en Stationen von Fritz Orter Friedrich Orter wurde am 10. Juli 1949 in St. Georgen im Lavanttal geboren. Der promo- vierte Historiker begann seine ORF-Karriere 1975 gleich nach seinem Studium. Den ersten Einsatz im Aus- land absolvierte er Anfang der achtziger Jahre in Polen, wo er über L ech Walesas Solidarnosc berichtete. 1991 berichtete Or- ter vom Bürgerkrieg in J ugo- slawien. Dabei musste er aus Sicherheitsgründen k urzfris- tig abgezogen werden, nach- dem der jugoslawische Gene- ralmajor Milan Aksentijevic auf einer Pressekonferenz Or- ter als einzigen West-Journalis- ten namentlich attackiert und bedroht hatte. 1994 meldete sich Orter für den ORF regelmäßig aus den Kriegsgebieten rund um Sa- rajewo. Zu einer der drama- tischsten Erlebnisse kam es 1997 während d es albanischen Bürgerkriegs. Während der Dreharbeiten wurden er und sein Team von Banditen über- fallen, des Autos, der Kameras und des Gepäcks b eraubt und „bis auf die Unterhose“ aus- gezogen. Auf dem anschlie- ßenden F ußmarsch R ichtung Tirana wurden sie ein weite- res Mal ausgeraubt. Friedrich Orter berichtete unter anderem aus den Balkan- kriegen, vom Afghanistan- und Irakkrieg und aus den Krisen- gebieten in Zentralasien, dem Nahen und Mittleren Osten. Für s eine Reportagen bekam Orter zahlreiche Auszeichnun- gen. 2012 ging er in Pension. (Quelle: ORF) Firtz Orter liest am 25. Februar in der Alten Gerberei aus seinem Buch „Ich weiß nicht, warum ich noch lebe“. Foto: Orter
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