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40 Ausgabe 6 Land & Leut e Netzwerk Psychotherapie Mag. Maria Luise Moser Klinische- und Gesundheitspsy- chologin, Psycho- therapeutin, Existenzanalyse praxis@ maria-luise- moser.at Foto: Ascher/Wörgl Nein danke! Unlängst im Z ug sprach mich eine etwa 50-jährige F rau an. Sie war sehr verärgert und ir- ritiert. Sie hätte gerade einer älteren Frau beim Einstei- gen in den Zug helfen wol- len. Diese hätte e rbost abge- lehnt. Was war passiert? Sie hatte versucht, jemandem zu helfen, der diese Hilfe nicht nötig h atte. Hilfe verursacht ein Ungleichgewicht zwischen zwei Menschen, einem der et- was nicht kann, und einem zweiten, der ihm hil , Dinge zu bewältigen. Warum helfe ich? Weil Hel- fen ein Machtgefühl g ibt oder mein Bedürfnis, S innvolles zu tun, abdeckt? Es muss mir bewusst sein, dass bei dem Menschen, dem ich geholfen habe, ein Gefühl d er Entmu- tigung, der Schwäche e ntste- hen kann. Er fühlt s ich klein, fühlt s ich als Belastung. Das ist aber gerade das, was viele Menschen fürchten, wenn sie älter werden. Vermutlich hatte die Dame, der geholfen wer- den sollte, wohl auch diese Befürchtung. Wann soll ich helfen? Gute Hilfe geschieht aus Respekt vor dem anderen. Vielleicht sollte ich mich fragen, was dem an- deren hil , sich selbst zu hel- fen oder was ich ihm zutrauen kann. Ich helfe wertvoll, res- pektvoll und sinnvoll, wenn ich darauf achte, wie der Mensch mit dieser Situation umgeht. Er wird mir signalisieren, ob er Unterstützung nötig h at und annehmen will oder nicht. …Und ich darf auch ein „Nein, danke!“ akzeptieren, ohne mich darüber zu ä rgern. Raiffeisenkasse, Molke- rei und Marktgemeinde waren seine wichtigsten Einsatzbereiche. St. Johann | Das Bild wird de- nen, die mit ihm zu tun hat- ten, bleiben: Georg Oberleitner konnte nur mit stichhaltigen Argumenten von seiner Hal- tung abgebracht werden. Eine eigene Meinung, die er durch- zusetzen bemüht war, h atte der „Bachlweber Schorsch“ fast im- mer. Nach einem langen Be- rufsleben, das zuletzt von Rück- schlägen g eprägt war, i st er im 94. Lebensjahr verstorben. Er hatte sich aus dem öfentlichen Leben zurückgezogen, in d en letzten sieben Jahren war er ple- gebedürtig u nd wurde von der Familie bestens betreut. Georg Oberleitner hat die Ge- schicke des Ortes von 1950 bis 1992 tatkrätig m itgestaltet. Die erste Aufgabe übernahm e r in der Raifeisenkasse, wo er lange Aufsichtsratsvorsitzender war. Mit 28 Jahren übernahm e r die Führung in d er Molkereigenos- senschat, durch 40 Jahre blieb er unangefochten der „Chef “ des expandierenden Unter- nehmens. Er baute es durch die Übernahme der Sennereien von Pfafenschwendt, St. Ulrich, St. Jakob, Hochilzen und Fieber- brunn aus, errichtete 1960 ei- nen Neubau und erweiterte die Anlagen nochmals im Jahr 1983 nach den neuesten technologi- schen Erkenntnissen. Zuletzt übernahm die A lpi-Molkerei St. Johann auch den Verarbei- tungsbetrieb in Kitzbühel. Legendäre P ilgerfahrten Innerhalb der Verarbeitungs- betriebe stieg die Molkerei zu einer der größten Anlagen in Westösterreich a uf. Für I n- vestitionen unternahm Ober- leitner legendäre „Pilgerfahr- ten“ nach Wien. Damals war die gesamte Milchwirtschat starr geregelt und ließ unter- nehmerischer Initiative wenig Spielraum. Molkeverwertung, Almmilcherfassung und das Ni- schenprodukt Speiseeis waren in der Branche bahnbrechend. Oberleitner war innerhalb der Alpi lange im Aufsichtsrat und zuletzt im Vorstand. Die Zen- tralisierung auf wenige inter- national konkurrenzfähig e r- scheinende Betriebe brachte auch das Ende für die M olke- rei St. Johann. Eine Karriere in St. Johann war im Lebensplan Oberleit- ners nicht vorgesehen. Sein Va- ter, Besitzer zu Vorderaschbach in Kitzbühel, h atte das Bachl- weberanwesen schon 1935 zu- gekaut. Die Familie hatte sie- ben Kinder, verlor aber zwei Söhne und e ine Tochter im Kindesalter. Ein rastloser Arbeiter Georg arbeitete bis zur Einbe- rufung zur Wehrmacht im el- terlichen Betrieb. Seine Solda- tenlaubahn unterbrach eine schwere Verletzung auf der Krim. Zuletzt war er Skiausbild- ner in den Bayrischen Alpen. Nach dem frühen T od des Va- ters übernahm d er einzige Sohn in St. Johann. 1946 heirateten Anna Hauser aus Oberndorf und der aus Kitzbühel „ her- untergekommene“ Georg, im Vorjahr konnten sie die Gna- denhochzeit feiern. Zur Fami- lie gehören zwei K inder, zwei Enkel und drei Urenkel. Ge- org Oberleitner führte lange ein Immobilien- und Inkasso- büro. E r war ein rastloser Ar- beiter, die weidgerechte Jagd war sein wichtigster Ausgleich. Längstdienender Kommunalpolitiker Von 1956 bis 1992 war Oberleit- ner durchgehend Mitglied des Gemeinderats. Er startete als Vorstandsmitglied, war dann je sechs Jahre Bürgermeister und Vizebürgermeister und wieder Gemeindevorstand. Die Zeit seiner Bürgermeis- terschat (1962 – 1968) war von einer ungewöhnlichen w irt- schatlichen Aufwärtsentwick- lung des Ortes gekennzeichnet. Die wichtigsten Kommunalvor- haben waren das erste Freizeit- zentrum, das Haus der Musik, der Grundankauf für e in Al- tenwohnheim, der Wohnbau – Oberleitner forcierte Rei- henhaussiedlungen – und die Friedhofsplanung in Almdorf. Dazu kamen infrastrukturelle Erweiterungen aller Art. Bezirkskrankenhaus in St. Johann Das Krankenhaus im Markt entsprach nicht mehr den An- forderungen. Durch sein Ver- handlungsgeschick überzeugte Oberleitner alle Bezirksgemein- den zur Gründung e iner Ver- waltungsgemeinschat für e in Bezirkskrankenhaus. Die am Rand des Bezirks liegenden Gemeinden sahen auch an- dere Standorte und Kitzbühel scherte, weil es einen Neubau mit etwa 45 Betten plante, aus. Der Standort St. Johann be- hauptete sich. Das Land Tirol verlieh Ober- leitner das Verdienstkreuz, die Marktgemeinde schon 1977 den Ehrenring. Ehrungen er- folgten durch die Landesland- wirtschatskammer, die Raif- feisenzentralkasse Tirol und örtliche Vereine. Georg Oberleitner hat sich das bleibende Gedenken durch die Marktgemeinde St. Johann ver- dient. Ehre seinem Andenken. H.W. Öfentliches W irken von Georg Oberleitner in Wirtschat und Politik Ein stets entschlossener Kämpfer Georg Oberleitner erfüllte durch Jahr- zehnte engagiert öffentliche A ufgaben.
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