Archiv Viewer
Ausgabe im Vollbild öffnen
Zurück zur Übersicht
23 6. Februar 2020 Kultur & Sz ene KunstBlicke Mag. Martina Dorner-Bauer ist Kunsthistorikerin, Ausstellungskuratorin, Autorin, Betreuerin div. Kunstsammlungen und Gründerin der A gentur DieKunstagenten. martina@diekunstagenten.at 2007 erzielte im New Yorker Auktionshaus Sotheby’s ein Bild eines deutschen Expressionisten die Rekordsumme von 12,4 Millionen Euro. Die Rede ist von Franz Marcs (1880 – 1916) „Der Wasserfall“. Der Gründer der K ünst- lervereinigung „Der Blaue Reiter“ hinterlässt trotz seines kurzen Lebens ein unglaublich interessantes künstlerisches W erk. Am 8. Februar 2020 wäre er 140 Jahre alt geworden. München | Blaue und rote Pferde und Katzen, Rehe im Schnee, gelbe Kühe, expressionistisch-ku- bistisch anmutender Tiger – Franz Marcs Animalisieren der Kunst und seine expressionis- tischen Tierdarstellungen ver- zaubern den Kunstliebhaber. Er wurde am 8. Februar 1880 in München g eboren. Sein Va- ter, der zunächst Rechtswissen- schaft studierte und später a n der Akademie der bildenden Künste in M ünchen studierte, entfachte bei seinem jüngeren Sohn die Liebe zur Kunst. Während s eines einjährigen Militärdiensts 1900 entschied er sich, den Beruf seines Vaters zu wählen und inskribierte a n der Münchner K unstakademie. Dort wurde er in Anatomie von Gabriel von Hackel und in Ma- lerei von Wilhelm von Diez un- terrichtet. Beide Professoren wa- ren der traditionellen Münchner Malschule des 19. Jahrhunderts verpfl ichtet. Während s eines Studiums verbrachte Marc im- mer wieder die Ferien am baye- rischen Kochelsee. Auch führte ihn 1903 eine Studienreise nach Frankreich, wo er Station in Pa- ris, in der Bretagne und in der Normandie machte. Inspirationen Die Pariser Museen beeinfl uss- ten und inspirierten den Künst- ler nachhaltig. Er studierte die antiken Sammlungen, kopierte Werke im Louvre, zeichnete in den Straßen v on Paris und kauft e japanische Holzschnitte, die zu der Zeit im Kunsthandel ange- boten wurden. Marc kam auch mit den Bildern der Spätimpres- sionisten Vincent van Gogh und Paul Gauguin in Berührung, die sich nachhaltig auf sein künst- lerisches Schaff en auswirkten. Er beschäft igte sich mit dem französischen F auvisten Henri Matisse und zeigte sich faszi- niert von dessen formaler Re- duktion. Zurück in M ünchen traf Franz Marc eine wichtige Entscheidung. Er verließ ent- täuscht vom a kademischen Un- terricht die Kunstakademie. Das Gegenständliche reduzieren Marc richtete sich ein Atelier in Schwabing ein, pfl egte Kon- takte zur Kunstkennerin, Male- rin und Schrift stellerin Anette Simon, die ihn mit Grafi k- und Malereiauft rägen v ersorgte und mit der er Zeit seines Lebens freundschaft lich verbunden war. Er versuchte, einen eigenen Stil zu entwickeln und eine persön- liche Formen- und Farbenspra- che zu formulieren. So begann er, das Gegenständliche a uf die wesentlichen Elemente zu redu- zieren und sich von ihrer natür- lichen Farbgebung zu lösen. Er versuchte, die innere und geis- tige Seite der Natur in seinen Bildern zu bannen und dabei Farbe und Form dem einzigen Ziel – der reine Ausdruck unter- zuordnen. Franz Marc brauchte für diese Entwicklung nahezu 10 Jahre. Die Bilder ab dem Jahr 1910 präsentieren sich als Er- gebnis dieses Suchens und Fin- dens eines eigenen Formstils. Seine bevorzugten Techniken beschränkten sich a uf Ölfar- ben, Gouachen, Bleistift , Aqua- rell und Holzschnitte. Im Februar 1910 stellte Franz Marc 31 Gemälde, zahlreiche Gouachen und Lithographien in dem Kunsthaus Franz Josef Brakls, eines gebürtigen W ie- ner in München a us. Die Aus- stellung fand bei den Besuchern großen Anklang und machte den Künstler in Sammlerkrei- sen bekannt. Kurz darauf wurde Marc Mit- glied der Neuen Künstlerverei- nigung München, die er aller- dings aufgrund von Dissonanzen und aus Solidarität zu s einen Künstlerkollegen und F reunden Wassily Kandinsky und Gabri- ele Münter b ald wieder verließ. Sie gründeten die Redaktionsge- meinschaft des Blauen Reiters. Ihre erste Ausstellung eröff ne- ten sie am 18. Dezember 1911 in der Galerie Th annhauser, die sie anschließend als W ander- ausstellung bis 1914 auf Reisen durch ganz Europa schickten. Zahlreiche Ausstellungsbetei- ligungen Marcs folgten. Seine nahe Beziehung zum bayeri- schen Kochel am See ließ den Künstler nie los. Er erwarb eine Villa in Ried bei Benediktbeuern sowie ein angrenzendes Grundstück, das er zu einem Gehege für Rehe umbauen ließ. Z um Umbau des Ateliers kam es aufgrund des Ersten Weltkriegs leider nicht mehr, dennoch entstanden vor allem dort wichtige große g e- genständliche wie a bstrakte Ge- mälde s einer Spätphase. Kriegsdienst Franz Marc wurde wie sein Künstlerkollege A ugust Macke im August 1914 zum Kriegsdienst einberufen. Wie viele glaubten auch sie an ein frühes Ende. M a- cke fi el bereits nach zwei Mo- naten. Franz Marc schildert in seinen „Briefen aus dem Feld“ - ein sehr interessantes Zeitdo- kument eines „kranken Euro- pas“ - die fatalen politischen Umstände, die er diesem K rieg zuschrieb und bezeichnete den Krieg als „gemeinsten Men- schenfang, dem wir uns erge- ben haben“. Sein Ansuchen auf Freistellung vom Kriegsdienst wurde abgelehnt, Franz Marc fi el am 4. März 1916 in B raquis in der Nähe v on Verdun. Obwohl Franz Marc nach sei- ner Ausbildung als Künstler a uf eine sehr kurze Periode seines Kunstschaff ens blicken kann, ist die Fülle s einer Werke unglaub- lich beachtlich. Vor allem auch deshalb, weil er als Künstler nicht nur im darstellenden Sinne auf sich aufmerksam machte, son- dern auch die Kunstwelt mit einer Reihe von kunsttheoreti- schen Schrift en und Abhand- lungen begeisterte. Franz Marc widersetzte sich der Beliebigkeit der Farbe und machte sie zu seiner Wissenschaft . „Rot ist die Materie der Erde“ „Tirol“ (1914) von Franz Marc. Foto: Zeno.org
< Page 23 | Page 25 >
< Page 23 | Page 25 >