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Aktuell 6. Februar 2020 9 In diesem Winter mussten schon mehrere Schulen aufgrund von Grippe geschlossen werden. Sind die Viren heuer besonders weit verbreitet? Und was kann man dagegen tun? Prim. Dr. Norbert Kaiser, der ärztliche L eiter des Bezirkskrankenhauses St. Johann, klärt auf. Wie unterscheidet sich eine „echte“ Gr ippe von einem grip- palen Infekt? Die sogenannte echte Grippe wird durch Influenzaviren her- vorgerufen. Es gibt im Wesent- lichen zwei große G ruppen, die A- und B-Viren. Dabei mutieren diese Viren ständig, sie p assen sich an und deshalb muss auch der Impfstoff jedes Jahr an die zu erwartenden Erreger ange- passt werden. Eine echte Grippe, Influenza, ist eine schwere Erkrankung, die plötzlich kommt. Man fühlt sich von heute auf morgen krank. Zu hohem Fieber kommen Glieder- schmerzen, Kopfweh und meist ein trockener Husten hinzu – wobei es auch zu einer viralen Lungenentzündung k ommen kann. Eine Grippe kann sich ebenso auf das Herz schlagen. Die Influenza ist eine systemi- sche Erkrankung, welche den ganzen Körper massiv schwächt und bei Patienten mit Begleiter- krankungen oder Immunschwä- che sogar zum Tod führen kann. Im Gegensatz dazu beginnen Erkältungskrankheiten meist zu- nächst mit H alsweh, man fühlt sich schlecht und merkt, hoppla, da bahnt sich etwas an. Typisch für eine Erkältungskrankheit ist auch der Schnupfen mit rinnen- der Nase – das ist bei der Grippe nicht der Fall. Die Volksschule in Jochberg musste geschlossen werden. Sind die Grippeviren heuer be- sonders weit verbreitet? Wir haben heuer bislang nicht mehr Grippefälle als im letzten Jahr. Ich würde s ogar sagen, letz- tes Jahr war bis zum heutigen Datum noch ein intensiveres Grippe-Jahr. Was ist heuer an- ders? In den vergangenen Jah- ren herrschten entweder die A- oder die B-Viren vor. Heuer ist es eine Mischung daraus, welche auch von Land zu Land wiede- rum unterschiedlich ist. Wir haben heuer Grippevi- ren, die vor allem Kinder be- fallen. Das Immunsystem von Kindern lernt noch und ist nicht geschützt. „Grippe ist derzeit in unserer Gegend gefährlicher als das Coronavirus.“ Jedes Jahr steht die Grip- pe-Impfung in der Diskussion - was raten Sie Ihren Patienten ? Eine Grippe-Impfung ist der einzige Schutz vor der Viruser- krankung und wäre für J eder- mann sinnvoll. Was zusehends vergessen wird ist, dass z.B. die Spanische Grippe Anfang der 1920er Jahre mehr Todesopfer forderte, als der erste Weltkrieg. Heute können wir uns davor schützen. M an darf auch nicht vergessen: Durch eine Impfung verhindert man, dass man an- dere ansteckt. Es gibt nach wie vor sehr viele Impf-Skeptiker. Ich höre auch öfters, dass Men- schen sagen, just in dem Jahr als sie sich gegen Grippe impfen las- sen haben, waren sie krank. Das ist natürlich nicht a usgeschlos- sen, aber in den meisten Fällen wird daran nicht das Influenza- virus schuld gewesen sein. Jedoch: keine Grippe-Imp- fung hat eine 100-Prozentige Wirkung. Es hängt davon a b, ob die Prognose der WHO, welche Virenstämme zu erwar- ten sind, stimmt. Zu empfehlen ist der 4-Fach Impfstoff mit je zwei Stämmen a us der A und der B Linie, damit hat man ei- nen breiten Schutz. Wenn die Impfrate innerhalb der Bevöl- kerung steigt, dann verbreite- ten sich die Viren auch weni- ger. Ohne Impfungen können sich die Viren überall, w o viele Leute aufeinandertreffen, fast ungehindert ausbreiten – des- halb trifft es auch die Schulen so stark. Generell muss ganz klar ge- sagt werden: Grippe ist derzeit in unserer Gegend viel gefährli- cher als das Coronavirus. Die neue Regierung überlegt, zumindest eine Impfpflicht für medizinisches Personal ein- zuführen, was ich s ehr begrü- ßen würde. Macht es Sinn, sich jetzt noch impfen zu lassen? Ja, das macht sehr wohl noch Sinn. Die Grippesaison dau- ert immerhin noch bis Ende März/April. „Ganz wichtig: regelmäßig die Hände w aschen.“ Wenn man sich nicht impfen lassen möchte, w ie kann man sein Immunsystem stärken? Jeder Mensch sollte generell darauf achten, dass sein Im- munsystem intakt ist. Genü- gend Schlaf, nicht zu viel Stress, möglichst w enig Alkohol, nicht Rauchen und Bewegung an der frischen Luft sind dafür wichtig. Ganz wichtig ist auch, sich regelmäßig die Hände zu wa- schen. Sollte man direkt mit Grippe-Infizierten zu tun ha- ben, sind Mund- und Augen- schutz ratsam. Und wenn einen die Grippe erwischt hat, was sollte man beachten? Nehmen sie zunächst n ur te- lefonischen Kontakt mit ihrem Hausarzt auf – weil sonst steckt man die Personen im Warte- zimmer gleich mit an. In einem frühen S tadium gibt es Medika- mente, die helfen. Johanna Monitzer Prim. Dr. Norbert Kaiser, der ärztliche Leiter des Bezirkskrankenhauses St. Johann, im Interview Wie gefährlich ist die echte Grippe? „Influenza ist eine schwere systemische Erkrankung, welche den ganzen Körper schwächt und zum T od führen k ann“, erklärt P rim. Dr. Norbert Kaiser. Foto: Egger
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