Kitzbüheler Anzeiger

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Kitzbüheler Heimatblätter Schriftleitung: Hans Wirtenberger Nr. 10/2023 (262) 33. Jahrgang In der Zeitschrift „Der Alpenfreund“, Band 7 (1874) berichtete der Tiro- ler Dichter, Mineraloge, Geologe und Reiseschrift- steller Adolf Pichler (1819 -1900) über eine W an- derung von Wörgl über Ellmau 1), St. Johann, Pillersee, Waidring und Kössen. Von Adolf Pichler Des Morgens hatte der Wind umgesetzt, es blies ein kühler Nord, der an die Bergspitzen Wolken warf. Als ich aus dem Walde vor St. Johann heraus- trat, überraschte mich eine ei- gentümliche E rscheinung. Ge- gen Ost zieht ein Ausläufer des „Kaisers“, eine zwar nicht hohe, aber steile Felswand. )Von ihr stürzten w ie Wasserfluten im breiten Strom die Nebel nieder, um sogleich in der wärmeren Lu des Tales zu zerfließen. Dieses Spiel hörte j edoch bald auf, indem der ganze Himmel ein gleichförmiges Grau über- zog. Bald begann es zu tröp- feln, und als ich das Haus des Doktors, eines Freundes, be- trat, goss der Regen in Strö- men nieder. Die liebliche Gegend von St. Johann St. Johann ist ein sehr ansehnli- ches Dorf mitten in einer weiten fruchtbaren Ebene, auf welche einerseits der Wilde Kaiser, an- dererseits das Kitzbichler Horn mit seiner Kapelle niederblickt. Die Gegend, berühmt w egen ih- rer Lieblichkeit, wurde früher viel besucht, und es herrschte hier, da die Hauptstraße n ach Salzburg durch das Tal ging, großer Verkehr; seit der Er- öffnung der Nordtiroler Eisen- bahn ist dieser gänzlich v er- siegt und die Wirte können ihren Wein selbst trinken. So zeigt auch hier die Erfahrung, dass die Eisenbahnen alles Le- ben zentralisieren und von ei- ner großen Pulsader a bhängig machen. Tragen sie dadurch, dass sie dem Menschen un- endliche Räume m it Leichtig- keit öffnen, zur V erbreitung der Kultur bei, so veröden anderer- seits die abgelegenen Gegen- den noch mehr, und es tritt ein Gegensatz ein, fast so schroff, wie zwischen Stadt und Land. Einsiedelei und Velbenburg Merkwürdigkeiten d arf man hier keine suchen, es sei denn, man wollte die Kuppel der Kir- che auf dem Friedhof, welche von dem einst hochgeschätzten Tiroler Künstler J osef Schöpf a l fresco gemalt ist, für e ine sol- che gelten lassen. Nördlich v om Dorfe liegt an einer Felsenwand eine Einsie- delei, man tut jedoch besser, den Klausner nur von weitem zu hören, a nstatt ihn nahe zu se- hen. Er bläst n ämlich d as Wald- horn ausgezeichnet, ist jedoch nichts weniger als ein Muster an Reinlichkeit. Unweit seiner Der Senner verbringt die langen Stunden des Tages gewöhnlich i n göttlicher F aulheit Ein Professor sucht Merkwürdigkeiten Hüttwerk in Fieberbrunn, Pillersee in Tirol, Lithographie von Bollmann, Gera, Verlag von Eduard Amthor in Gera (1874). Partie am Pillersee gegen die Waidringer Steinplatte (Aufnahme um 1910), kurz vor dem Ausbau der Straße (1911, asphaltiert 1961). A us „Der alte Bezirk Kitzbühel“, v on Martin Reiter, Tyrol-Buch (2013).
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