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17 8. August 2024 Kultur & Sz ene Mit Humor und Boden- ständigkeit erzählt sie von ihren Projekten, der Beziehung zu Tirol und ihrer Liebe zur Natur. Kitzbühel | Mit D ackel Bonnie im Gepäck t reffen wir Starvi- olinistin Anne-Sophie Mut- ter bei der Generalprobe zum Konzert der Dankbarkeit in der Kitzbüheler Stadtpfarrkirche. Der Titel des Konzertes ist „Konzert der Dankbarkeit“. Was verbinden Sie persönlich mit dem Wort Dankbarkeit?- Mein ganzes Leben verbinde ich mit Dankbarkeit. Dankbar- keit für w underbare Menschen, die mir begegnet sind, frühe Förderer, einen wunderbaren Taufpfarrer, ich bin ja evange- lisch, der zu einer großen I ns- piration wurde, weil er in den er Jahren begann, Häu- ser für M enschen mit beson- deren Bedürfnissen zu b auen. Dankbarkeit ist der rote Fa- den. Dankbarkeit für d as Le- ben, dankbar für e in Leben in Frieden, dankbar für e in Leben, in dem ich mich als Frau ver- wirklichen kann, dankbar da- für, d ass ich trotz früher W it- wenscha meiner Berufung, der Musik, folgen dur e. Es ist endlos. Und auch dankbar für die B egegnung mit Mi- chael Struzynski, dem Geist- lichen hier, den ich in einigen schwierigen Lebenssituationen als einen sehr sensiblen Weg- begleiter kennengelernt habe. Sie haben in einem Interview erwähnt, d ass Sie trotz eines abschreckenden, geigen-üben- den Kindes in der Nachbar- scha mit fünf J ahren unbe- dingt Geige lernen wollten, nicht zur Freude Ihrer Eltern. Wieso gerade die Geige? Ja, meine Eltern waren sehr ab- geschreckt von der Idee und we- nig begeistert. Die Geige, das hatte stark damit zu tun, dass wir zu Hause neben dem Kla- vier wahnsinnig viel Geigen- musik gehört h aben. Wahr- scheinlich hätte e s auch das Cello sein können, hätte i ch mehr Celloaufnahmen gehört. Umso deutlicher wird einem auch als Elternteil bewusst, wie wichtig es ist, den Kin- dern eine große A uswahl an Sport und künstlerischen B e- tätigungen zur V erfügung zu stellten. Die Chance ist groß, dass Kinder sich dann gerne vom Tablet ablenken lassen. Das haben Sie bei Ihren Kindern auch gefördert? Musik ist in unserer Familie ein zentraler Aufenthaltsort, überhaupt die K unst, Litera- tur. Auch für m eine Kinder. Meine Tochter ist im Film- business, arbeitet im Art De- partment, sie lebt die künstle- rische Seite der Familie. Mein Sohn ist Anwalt, der lebt die Anwaltsseite der Wunderlich Familie. So setzt sich das of- fensichtlich als Tradition fort. Sie spielen auch beide Instrumente? Ja, natürlich. I ch habe das ge- fördert durch Privatlehrer, weil der Schulunterricht einfach nicht gut ist. Wir hatten in bei- den Fällen g roßes G lück, P ri- vatlehrerinnen zu haben, die wahnsinnig viel Geduld hat- ten und auch so manches Mal darüber hinweggeschaut ha- ben, dass nicht geübt w urde. Es ist die Freude. Ich glaube, viele Lehrer und auch Eltern verkennen den Moment des Machens und der Freude. Da wird viel zu viel, vor allem na- türlich a uch bei den Kindern, die das sowieso nicht beruflich machen wollen, der Spaß unter- schätzt. D er geht verloren, weil zu kritisch, zu haarspalterisch auf Details Wert gelegt wird, die im großen G efüge d es Mu- sizierenwollens überhaupt keine Rolle spielen. Also mehr Spaß und Freude. Mehr falsche Töne aber dafür m ehr Emotion. Gilt jetzt nicht als mein Leitsatz, aber generell. (herzliches Lachen) Wie o erlaubt es denn Ihr voller Terminkalender, in Au- rach zu sein? Ganz unterschiedlich. Manch- mal leider Monate nicht, dann komme ich für zwei T age und es fühlt s ich an wie eine Woche Urlaub. Da gehe ich dann so- fort auf den Berg. Ich liebe vor allem auch den Herbst, wenn die Kühe v on der Alm runter- kommen und ich die wunder- baren Glocken und die herr- lichen Tiere ganz in meiner Nähe r und um mein Grund- stück g rasen sehe und höre. Ich komme ja von Land, vom Fuße d es Schwarzwaldes und Tirol und vor allem auch die Menschen erinnern mich schon sehr stark an den Schwarz- wald. Sehr gerade heraus, sehr aufrichtig, wahnsinnig loyal aber auch kernig. Ich mag das. Sie sagten einmal: „Mu- sik ist eine Sprache, die je- der versteht“. Verste- hen Sie auch Tirolerisch, sprechen Sie Tirolerisch? Nein, sprechen nicht, aber ich glaube ich verstehe es. Kürzlich habe ich ein neues Wort gelernt: „Bist paniert!“ Das finde ich wahnsinnig charmant. (Lachen) Sie sehen viele Parallelen zwi- schen Kunst und Sport, vor al- lem im Einzelsport. Nun sind wir hier in Kitzbühel j a in ei- nem Sport-Mekka. Wie sehen Sie das Kunstgeschehen hier? Könnte m ehr sein, oder? (Au- genzwinkern) Ich habe mich in Aurach sehr engagiert für diese historisch wirklich bedeutende Orgel, für die wir dann um die . Euro eingespielt haben in drei Benefizkonzerten. Für einen so kleinen Raum war das beeindruckend, wie groß d as Spendenvolumen war und mit wieviel Engagement auch die Einheimischen sich an dem Projekt beteiligt haben. Mein Traum wäre e s, dass man langfristig eine Möglich- keit findet, diese herrliche Or- gel vielleicht in so einer Art Orgelwoche im Frühling und eine im Herbst zum Klingen zu bringen. Matthäus P let- zer ist tragischerweise ver- storben. Er hatte sich so auf die Orgel gefreut. Das ist et- was, wo ich mich auch gerne in der Zukun dafür e ngagie- ren möchte. A ber ich habe ja auch noch eine Sti ung, Kom- positionsau räge, d ann inter- essiere ich mich für iranische Komponistinnen. Ich möchte unbedingt den Frauen im Iran eine Stimme geben und da- durch auf diese schrecklichen Missstände d er Unterdrückung der Frau hinweisen. Da sind tolle Projekte im Entstehen. Gibt es Tage, an denen Sie die Geige ruhen las- sen? Spielen Sie jeden Tag? Nein, geht gar nicht. Ich habe so ein vielfältig f orderndes Le- ben und manchmal habe ich auch einfach keine Lust und geh lieber auf den Berg. Die Pausen sind auch für die I ns- piration wichtig. Ich fülle s ie dann mit Natur und Freunden und gemeinsamem Kochen. Elisabeth Standl Star-Violinistin Anne-Sophie Mutter reflektiert über T irol und ihre zukün igen Vorhaben „Dankbarkeit bestimmt mein Leben“ Anne-Sophie Mutter beeindruckt mit musikalischem Talent, Bodenstän- digkeit und Naturverbundenheit. Foto: Elisabeth Standl
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