
Ohne Schiedsrichter kein Fußballmatch
Fußballspieler, Trainer und Fans haben eines gemeinsam: Ihre Beziehung zu Schiedsrichtern ist oft zwiegespalten. Kritik und Emotionen entladen sich regelmäßig am „Mann in Schwarz“. Doch eines ist klar: Ohne Schiedsrichter rollt kein Ball. Nicht nur im Bezirk Kitzbühel wird das immer mehr zum Problem – denn der Schiedsrichter-Mangel ist in allen Ligen spürbar und junge Nachwuchsschiedsrichter sind schwer zu finden. Gerade einmal eine Handvoll aktive Schiedsrichter gibt es aktuell.
Tobias Schermer kennt beide Seiten: Er war Fußballer beim SV Brixen. Mit 14 Jahren begann er zusätzlich als Schiedsrichter zu arbeiten. Beide Hobbys zu vereinen, wurde ihm allerdings bald zu viel und er entschied sich dafür, seine aktive Fußball-Karriere zu beenden und künftig als Schiri durchzustarten.
Karriere-Chancen als Schiedsrichter größer
„Ich war sportlich ambitioniert und mir war klar, dass es als Spieler im Bezirk schwer sein wird, als Fußballer Karriere zu machen. Als Schiedsrichter sah ich eine echte Chance, ganz nach oben zu kommen“, erinnert sich der 26-Jährige. Der Plan ging auf: Schermer leitete Spiele bis zur Regionalliga, war bei hochklassigen Freundschaftsspielen, wie etwa jenem zwischen VfB Stuttgart und Arminia Bielefeld, im Einsatz und galt als vielversprechendes Talent. Bis eine Verletzung seine Karriere stoppte.
Heute ist Schermer der einzige Schiedsrichter-Beobachter im Bezirk Kitzbühel und freut sich, seine Erfahrungen an junge Kollegen weiterzugeben. Als hauptberuflicher Polizist profitierte er vor allem am Beginn von seinen Erlebnissen am Spielfeld. „Schiedsrichter zu sein ist eine brutale Lebensschule. Man muss blitzschnell Situationen einschätzen, Entscheidungen treffen und mit Drucksituationen souverän umgehen. Wichtig ist auch, authentisch zu bleiben.“
Emotionen nicht persönlich nehmen
Und die wichtigste Lektion fürs Leben: „Ich habe gelernt, dass sich die meisten Reaktionen nicht gegen mich als Person richten, sondern ausschließlich gegen die Rolle des Schiedsrichters. Oft ist es ein Versuch, Einfluss zu nehmen und den Schiedsrichter für künftige Entscheidungen zu manipulieren“, so Schermer. Dazu kommt, dass ein und dieselbe Situation aus verschiedenen Blickwinkeln oft völlig unterschiedlich wahrgenommen wird – je nachdem, ob man am Feld oder außerhalb des Spielfeldes am anderen Ende steht.
"Im Verhältnis zu den Fehlern, die einem Spieler während eines Matches passieren, sind es aber eigentlich relativ wenige. Und man muss ehrlich sagen: Der Schiedsrichter ist auch nicht besser als die Liga, in der er pfeift – genauso wie die Spieler zur Liga passen. Ein Schiri in der 2. Klasse ist halt auch kein Champions-League-Referee.“
Tobias Schermer,
Schiedsrichterbeobachter



Aber Patzer passieren natürlich auch den Schiedsrichtern. „Im Verhältnis zu den Fehlern, die einem Spieler während eines Matches passieren, sind es aber eigentlich relativ wenige. Und man muss ehrlich sagen: Der Schiedsrichter ist auch nicht besser als die Liga, in der er pfeift – genauso wie die Spieler zur Liga passen. Ein Schiri in der 2. Klasse ist halt auch kein Champions-League-Referee.“
Auch Schiedsrichter können auf- und absteigen
Wie bei den Mannschaften auch, gibt es auch unter den Schiedsrichtern bessere und schlechtere – Aufsteiger und Absteiger. „Am Ende der Saison werden alle Schiris bewertet. Der beste steigt eine Liga auf, der schlechteste steigt ab“, erklärt Schermer.
Dafür wird nicht nur die Leistung am Platz beurteilt, auch Fitness und Regelkunde werden jährlich überprüft. Schiedsrichter müssen dafür genauso trainieren wie Spieler. „Fitness ist enorm wichtig. Denn ein Schiedsrichter muss immer auf Ballhöhe sein – ein Verteidiger kann sich mal hinten ausruhen, wir nicht.“ Im Schnitt legt ein Schiri während eines Spiels rund zehn Kilometer größtenteils im Sprinttempo zurück.
In den zehn Jahren, in denen Tobias Schermer als Schiedsrichter am Platz stand, hat sich vieles verändert. Für ihn persönlich sind natürlich die Anforderungen allein durch seine Einsätze in höheren Ligen gestiegen, aber auch der öffentliche Druck hat im Laufe der Jahre zugenommen. „Heute kann man sich sicher sein, dass jede Fehlentscheidung von irgendwem mit dem Handy gefilmt wird und in den sozialen Medien landet.“
Und trotz all dieser Herausforderungen ist der Brixener Schiri mit Leib und Seele dabei und hofft, bald wieder am grünen Rasen für „faire“ Verhältnisse sorgen zu können.