Kitzbüheler Anzeiger

Westendorf

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4 April 2024 Thema Europas Tier- und Pflanzen- welt ist einem schlechten Zustand. Deshalb soll ein neues EU-Gesetz zur Rena- turierung eine Verbesserung schaffen. Die Mitgliedstaa- ten werden verpflichtet, die Städte mehr zu begrünen, trockengelegte Moore wie- der zu vernässen, Flüsse und Wälder naturnaher zu ge- stalten. Das sorgt vielfach für Un- verständnis. Bauernvertreter in ganz Europa wehren sich gegen die neuen Richtlinien. Sie befürchten neue büro- kratische Auflagen und eine Verteuerung der agrarischen Produkte. Im Renaturierungsgesetz werden aber auch Chancen gesehen, vor allem für die kleinstrukturierte Landwirt- schaft. Bauern sollten von ihren Produkten leben kön- nen, nicht von Förderungen oder gesetzlichen Bevorzu- gungen. Dazu ist eine Preis- wahrheit notwendig, die es derzeit nicht gibt, denn die großen Agrarbetriebe sind aktuell bei den Förderungen bevorzugt. Laut EU-Renaturierungsge- setz müssen bis zum Jahr 2030 mindestens 20 Prozent der in Mitleidenschaft gezo- genen Flächen wieder in der Urzustand zurückgeführt werden. Nun sind viele der Meinung, es sei in den Al- pentälern abseits der Städte alles bestens. Die Land- schaft schaut gepflegt aus, Kühe weiden friedlich auf Almen und Wiesen, rund- herum ist alles grün. Öster- reich präsentiert sich gern als Umwelt-Musterland, doch der Schein trügt: Das Artensterben ist viel dra- matischer als angenommen. Die Zahl der Feldvögel sinkt gewaltig, vielen Amphibien und auch Pflanzen geht es nicht besser. Mittlerweile gelten nur noch 14 Prozent der heimischen Tierarten als nicht gefährdet. Danit ist Österreich beim Artenschutz innerhalb der EU (mit Kroa- tien) Schlusslicht. All das verwundert nicht. Wer durch Österreich fährt, durchquert ein Gewerbege- biet nach dem anderen, die Flüsse sind großteils begra- digt, Hecken und Büsche wurden vielfach entfernt, die Moore trockengelegt. Die meisten Wälder sind immer noch Monokulturen. Kaum ein Land ist überdies so zugepflastert wie die Al- penrepublik. Der Eindruck trügt auch bei uns, denn die meisten safti- gen Wiesen sind auch hier nur noch Monokulturen. Das liegt daran, dass sie pro Jahr bis vier- und fünfmal gemäht werden, um pro- teinreiches Gras für hohe Milchleistungen zu erhalten. Wie man schon lange weiß, geht das auf Kosten der Pflanzenvielfalt und auch der Wiesenbrüter unter den Vögeln und vieler Insek- ten, die keinen Lebensraum mehr finden. Dem Wald geht´s auch nicht viel besser, Es fehlt an Tot- holz, das viele Tierarten zum Überleben brauchen, und an einer gesunden Baum- artenmischung. Auch die Zahl der Waldvögel sinkt daher massiv. Renaturierungsgesetz Artensterben als größte Gefahr Ein Umdenken findet statt, aber Österreich hat noch großen Aufholbedarf. Auch 40 Jahre nach dem Beitritt zum internationalen Ab- kommen zum Schutz von Feuchtgebieten ist noch viel zu tun. Moore, Sümpfe und saure Wiesen sind Zentren der Artenvielfalt, versorgen uns mit Trinkwasser und Nahrung, verbessern die Wasserqualität, schützen vor Naturkatastrophen, wie zum Beispiel Überschwemmun- gen, und leisten als lang- fristige Kohlenstoffsenken einen höheren Beitrag zum Klimaschutz als jedes ande- re Ökosystem. Wie wichtig Moore für das Klima sind, war lange Zeit unbekannt, tatsächlich zäh- len sie aber zu den größten und effizientesten Kohlen- stoffspeichern. Obwohl sie nur drei Prozent der welt- weiten Landfläche bilden, speichern sie doppelt so viel CO 2 wie alle Wälder der Erde. Von den 2997 ak- tenkundigen Mooren Öster- reichs sind derzeit nur 163 unberührt oder nicht gefähr- det. Erste Projekte wurden be- reits umgesetzt, etliche Moore wieder bewässert. In den nächsten zehn Jahren stehen 44 Millionen Euro für die weitere W iederher- stellung von Mooren zur Verfügung. Das Ziel ist, auf insgesamt 1400 Hektar das natürliche Gleichgewicht wiederherzu- stellen. Wenn Moore wieder „verwässert” werden, ge- ben sie keine Treibhausgase mehr frei und können wie- der als Speicher für W asser und Kohlenstoff wirken. Die Angst, durch die Re- naturierungsmaßnahmen wichtige Anbauflächen zu verlieren und dadurch die Ernährungssicherheit aufs Spiel zu setzen, ist nicht ganz unberechtigt, aber die größte Gefahr für unsere Ernährungssicherheit ge- hen wahrscheinlich vom Klimawandel und dem Ver- Die Bedeutung von Hochmooren für das Klima wurde lan- ge Zeit nicht erkannt (Bild: A. Sieberer).
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